| |
Jeder hat den Gottesdienst, der seinem Glauben
gemäß ist.
-
Jeder hat den Glauben, der seinem
Gottesdienst gemäß ist.
Weil das so ist, ist es nicht verwunderlich, daß gerade auf
dem Gebiet des Gottesdienstes in unseren Tagen schlimmste Verfallserscheinungen
zu bemerken sind. Dafür ein paar Beispiele:
-
Ein aufmerksamer Beobachter wird
unweigerlich eine zunehmende Konzentration auf „den Menschen“ im
Gottesdienst entdecken. Anstelle der gottesdienstlichen Vergegenwärtigung
der "großen Taten Gottes" (Apg 2,11) findet man oft eine Vergegenwärtigung
des profanen Alltags. Da soll "der Mensch" mit seinen alltäglichen Sorgen
und Nöten glaubhaft dargestellt werden und "sich im Gottesdienst
wiederfinden". Aber auf diese Weise hebt uns der Gottesdienst natürlich
nicht über uns und unsere Alltäglichkeit hinaus, sondern zementiert uns
vielmehr in unserer menschlichen Gottlosigkeit. "Vom
täglichen Überdruß befreien uns nur das Ungreifbare, das Unsichtbare, das
Unaussprechliche." (Dávila)
-
Man kann vermehrt die Einführung
allerlei
Allotria und den Gebrauch einer psychologisierend daherkommenden Sprache
in den christlichen Gottesdienst erleben. Es kommt oft zu gut gemeinten,
aber peinlichen und infantilen "Einlagen" und "Darbietungen", die wohl
einzig zu dem Zweck eingefügt werden, möglichst viele Akteure "vorne"
agieren zu lassen.
Man wird den Menschen den Glauben durch Banalisierung kaum näher bringen.
Selbst die "Nichtinformation" tritt gelegentlich mit der Geste dramatischer
Wichtigkeit auf. Macht man sich
eigentlich klar, was manchmal dahergeschwätzt wird im Bestreben, göttliche
Wahrheiten locker-flockig zu platten Banalitäten umzuformen, um sie
problemlos genießbar zu machen? Meint man, Menschen dadurch zum christlichen
Glauben führen und in demselben erhalten zu können, daß man sie behandelt,
als wären sie "beschränkt"? "Echter Gehalt ist nicht ohne die ihm
gemäße Gestalt!"
-
Gottesdienst wird mitunter weniger „Gott
zur Ehre und der Welt zum Heil“ gefeiert, als vielmehr als "Show"
zelebriert. Selbst bei dem, was gelegentlich "Anbetung" genannt wird, kann
man sich oft des Eindrucks kaum erwehren: hier wird ein Spektakel
veranstaltet, das weniger auf die Ehre Gottes zielt, als auf die Gefühle und
Stimmungen der Besucher. Keine Frage: auch Stimmungen und Gefühle der
Menschen gehören in den Gottesdienst. Dieser darf aber nicht darauf
zielen.
Gottesdienste werden häufig immer mehr zum Tingeltangel und das Evangelium
zur Unterhaltung: Entertainment statt Evangelium oder vielleicht treffender:
Entertainment als Evangelium: „Kommt her zu uns, alle, die ihr mit
Sinnkrisen und Langeweile geplagt seid; wir wollen euch ablenken und
unterhalten.“
Die Gefahr ist ja nicht, daß das Evangelium unterhaltsam weitergesagt wird,
sondern daß Unterhaltung der Inhalt des Evangeliums wird.
-
Viele Geistliche wenden sich in den
gottesdienstlichen Gebeten offensichtlich nicht an Gott, sondern an die
Menschen.
Das wird einerseits äußerlich erkennbar dadurch, daß sie sich im
Gottesdienst beim Gebet anscheinend grundsätzlich nicht mehr zum Altar
umwenden, um sich auf diese Weise in die betende Gemeinde einzufügen. Der
Altar wird während des Gottesdienstes oft lediglich zu einer Ablage diverser
Bücher, Zettelsammlungen und Heftmappen degradiert. Man wendet sich nur noch
zum Altar um, um Papier abzulegen oder aufzunehmen.
Das wird andererseits inhaltlich erkennbarem am Text der "Gebete",
denen man anmerkt, daß sie - obwohl formal Gott angeredet wird - an die
Gemeinde und nicht an Gott adressiert sind. Gebete werden zu Programmen,
Bitten zu Befehlen. Es handelt sich oft weniger um Bitten oder
Aufforderungen zum Handeln an Gott, als um eine Aufforderung zum
Handeln an die Gemeindeglieder. Ist die Gemeinde Gott?
-
Man bemerkt im westeuropäischen
Christentum teilweise eine innere geistliche Leere, die man mit Aktionismus
und hektischer Betriebsamkeit auszugleichen sucht.
Siehe auch:
• Allotria • • Satire • • Eine Predigt über den lutherischen Gottesdienst •
nach oben
Übergeordnete Seite
|