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Philosoph
und Schriftsteller Rüdiger Safranski: "Die Glaubenswelt
ist so weit psychologisiert und soziologisiert, daß daraus ein Gemisch aus
Sozialethik, institutionellem Machtdenken, Psychotherapie, Meditationstechnik,
Museumsdienst, Kulturmanagement und Sozialarbeit wurde.“
Potsdam (kath.net/idea)
Das Christentum hat sich zu einem „kalten Religionsprojekt“ entwickelt. Es
bietet nur noch spirituellen Flankenschutz bei der Bewältigung innerweltlicher
Probleme, vor allem im Blick auf Moral, Schicksal und Sinn. Dieser Ansicht ist
der Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski (Berlin). Seine
Zusammenfassung: „Die Glaubenswelt ist so weit psychologisiert und
soziologisiert, daß daraus ein Gemisch aus Sozialethik, institutionellem
Machtdenken, Psychotherapie, Meditationstechnik, Museumsdienst, Kulturmanagement
und Sozialarbeit wurde.“ In den Anfangsjahren sei das Christentum keine
Einrichtung zur Stabilisierung gesellschaftlichen Ordnungen gewesen. Jesus habe
gelehrt, daß sein Reich nicht von dieser Welt sei. Im Zuge der Aufklärung habe
die ursprüngliche Dynamik einer nach Erlösung strebenden und ein besseres Leben
im Himmel versprechenden Religion abgenommen. Der Autor rechnet mit einem
weiteren Bedeutungsverlust der großen Kirchen. Anders sei es mit dem Islam, der
zur Zeit eine heiße Phase erlebe. In seiner fundamentalistischen Prägung sei der
enthusiastische und endzeitlich ausgerichtete Aspekt des früheren Christentums
erkennbar. Moslems betrachteten die Erde als Übergangs- und Warteraum vor dem
Paradies. Deshalb hätten sie keine Probleme, sich bei Selbstmordattentaten
umzubringen. Sie verachteten die westliche, dekadente und heidnische Kultur, so
wie Christen einst die Heiden verachtet hätten. Die Anschläge in den USA am 11.
September 2001 könne man Rachegericht von religiösen Apokalyptikern über eine in
ihren Augen nihilistische, dekadente Zivilisation bezeichnen, schreibt Safranski
in dem Politik-Magazin „Cicero“ (Potsdam).
Quelle:
kath.net
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