Wenn
nun Gott sein heiliges Evangelium ausgehen lassen hat, handelt er an uns auf
zweierlei Weise: einmal äußerlich, das andere Mal innerlich. Äußerlich
handelt er an uns durchs mündliche Wort des Evangeliums und durch leibliche
Zeichen, als da ist Taufe und Sakrament. Innerlich handelt er an uns durch den
heiligen Geist und Glauben samt andern Gaben; aber das alles dermaßen und in
der Ordnung, daß die äußerlichen Stücke vorangehen sollen und müssen und
die innerlichen hernach und durch die äußerlichen kommen, so daß ers
beschlossen hat, keinem Menschen die innerlichen Stücke außer durch die äußerlichen
Stücke zu geben. Denn er will niemand den Geist noch Glauben geben ohne das
äußerliche Wort und Zeichen, das er dazu eingesetzt hat, wie er Luk. 16
spricht: „Laß sie Mose und die Propheten hören.“ Daher kann auch Paulus
die Taufe ein Bad der neuen Geburt nennen, darinnen Gott den heiligen Geist
reichlich ausgießt und das mündliche Evangelium eine göttliche Kraft, die
da selig mache alle, die dran glauben, Röm.
Auf diese Ordnung habe
acht, mein Bruder, daran wirds ganz und gar liegen. Denn obwohl sich dieser
Rottengeist stellet, als hielte er viel von Gottes Wort und Geist und rühmet
treffliche Brunst der Liebe und des Eifers zur Wahrheit und Gerechtigkeit
Gottes, so ist das doch seine Absicht, daß er diese Ordnung umkehre und eine
widersinnige aus eigenem Mutwillen aufrichte. Er betreibt die Sache
folgendermaßen: Erstens, was Gott äußerlich dem innerlichen Geist zuordnet,
wie gesagt ist, ach, wie höhnisch und spöttisch schlägt er das in den Wind
und will vorher hinein in den Geist. „Ja“, spricht er, „sollte mich eine
Handvoll Wassers von Sünden reinmachen? Der Geist, der Geist, der Geist muß
es inwendig tun.“ „Sollte mir Brot und Wein helfen? Sollte das Hauchen über
das Brot Christus ins Sakrament bringen? Nein, nein, man muß Christi Fleisch
geistlich essen: die Wittenberger wissen nichts drum, sie stehlen den Glauben
aus den Buchstaben“ und der prächtigen Worte viel, daß, wer den Teufel
nicht kennet, wohl meinen möchte, sie hätten fünf heilige Geiste bei sich.
Wenn man sie aber
fragt: wie kommt man denn zu demselbigen hohen Geist hinein? So weisen sie
dich nicht aufs äußerliche Evangelium sondern ins Schlaraffenland und
sagen: „Stehe in der 'Langeweile'[1], wie ich gestanden bin, so wirst du es
auch erfahren; da wird die himmlische Stimme kommen, und Gott selbst mit dir
reden.“ Fragst du weiter nach der „Langeweile“, so wissen sie ebensoviel
davon wie Doktor Karlstadt von der griechischen und hebräischen Sprache.
Siehest du da den Teufel, den Feind göttlicher Ordnung? Wie er dir mit den
Worten „Geist, Geist, Geist“ das Maul aufsperret, und doch dieweil beides,
Brücken, Steg und Weg, Leiter und alles umreißt, dadurch der Geist zu dir
kommen soll, nämlich die äußerliche Ordnung Gottes in der leiblichen Taufe
Zeichen und dem mündlichen Wort Gottes, und will dich lehren, nicht wie der
Geist zu dir, sondern wie du zum Geist kommen sollst, daß du lernen sollst
auf den Wolken fahren und auf dem Winde reiten; und sagen doch nicht, wie oder
wann, wo oder was, sondern du sollst es selbst erfahren wie sie (auch).
Umgekehrt: was Gott
nicht äußerlich ordnet, da lottern sie heraus, als wären sie unsinnig. Und
gleichwie sie einen eigenen innerlichen Geist erdichten, so richten sie auch
eine eigene äußerliche Ordnung an, die Gott weder geboten noch verboten hat,
wie z.B. daß man keine Bilder, Kirchen, Altäre haben soll, (den
Gottesdienst) nicht Messe nennen, (das Abendmahl) nicht Sakrament nennen oder
es (beim Gottesdienst) emporheben, nicht ein geistliches Kleid haben, sondern
graue Röcke tragen, sich „lieber Nachbar“ nennen, gottlose Fürsten
totschlagen, kein Unrecht leiden und viel der äußerlichen Demut und Gebärden
treiben, die sie selbst erdichten, und die Gott nicht achtet. Wer hier anders
tut als sie, der ist ein zweifältiger Papist, der henket und mordet Christus
und muß ein Schriftgelehrter sein. Wer es aber tut, der ist schon in den
Geist mit Stiefeln und mit allem hineingesprungen und ist ein Geistgelehrter.
O treffliche Heilige! Fragst du sie, wer ihnen solches befiehlt, so werfen sie
die Hand empor: „Ah, mein Gott sagt mirs, der Geist verlangts auch“; ja
alle ihre Träume sind eitel Gottes Wort. Wie dünkt dich um die(se) Gesellen?
Begreifest du ungefähr, wer dieser Geist sei?