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Osterpredigt

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Zeugen des Auferstandenen

Können wir Zeugen der Auferstehung sein? Nein!
Es gibt im strengen Sinne überhaupt keine Zeugen der "Auferstehung". Ein „Zeuge“ ist man ja nur, wenn man selbst dabei war. Ein Zeuge, der nur vom Hörensagen erzählen kann, wird vor Gericht als Zeuge gar nicht zugelassen kann. Eben, weil er kein „Zeuge“ ist.

Zeugen des Vorgangs  „Auferstehung“ gibt es nicht. Kein menschlicher Zeuge war im Grab Jesu und hat mit angesehen, wie der Herr auferstand. Selbst die Wächter am Grab bekamen nur mit, daß ein Engel des Herrn den Stein von der Tür des Grabes wegwälzte. Mehr haben sie nicht gesehen.

Gibt es aber auch keine Zeugen des Vorganges „Auferstehung“, so gibt es doch viele „Zeugen des Auferstandenen“. Paulus nennt einige in einem seiner Briefe: Kephas, die „Zwölf“, mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten zur Zeit des 1 Korintherbriefes noch lebten, Jakobus, alle Aposteln. Die Aufzählung ist nicht einmal vollständig.  

Können wir Zeugen des Auferstandenen werden?
Wir können es in der Tat! Wie? Laßt uns heute die beiden Emmausjünger begleiten auf ihrem Weg. Sie begannen diesen Weg nach Emmaus als solche, die vom Hörensagen über die Auferstehung redeten und waren am Ende dieses Weges wirkliche „Zeugen des Auferstandenen“.

Und siehe, zwei von den Jüngern des Herrn gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus. Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. Aber ihre Augen wurden gehalten, daß sie ihn nicht erkannten. Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen. ... Bist du so fremd in Jerusalem, daß du als einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist?

Zwei auf dem Weg. Ein Dritter gesellt sich dazu, hört eine Weile und mischt sich dann in das Gespräch ein. Er will wissen, um was es geht. Und dann heißt es: Da blieben sie traurig stehen. Die teilnehmende Frage des Unbekannten ist wie ein salziger Finger in einer offenen Wunde. Die Last ihres Jammers liegt so schwer auf ihren Herzen, daß sie nicht einfach nicht weitergehen konnten. Sie klagten dem freundlichen Reisebegleiter ihren tiefen Schmerz. Von Hoffnungen sprachen sie, die nun in Scherben lagen: Jesus aus Nazaret war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und dem ganzen Volk. Doch unsere Hohenpriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. Wir aber hatten gehofft, daß er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist.“ Selbst nach der Kreuzigung schienen sie noch nicht alle Hoffnungen verloren zu haben. Hatte nicht Jesus zu Lebzeiten immerzu von einem großen Umschwung am „dritten Tag“ gesprochen? Sie hatten vielleicht auf irgendein gewaltiges Eingreifen Gottes zur Erlösung Israels gehofft. Irgend etwas Bombastisches vielleicht: die Wiederherstellung eines irdischen Reiches Israel möglicherweise. Aber der große Umschwung, auf den sie gewartet hatten, kam nicht. Auch nicht „am dritten Tag“. Statt des Königsreiches für Israel kamen aufgeregte Frauen. Sie waren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, Er lebe. Einige von den Jüngern gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht.
Das
war es nicht, was sie erhofft hatten. Vielleicht gingen sie darum erst am dritten Tag nach der Kreuzigung enttäuscht nach Hause.  

Hängende Köpfe? Traurige Gesichter? Depressive Stimmung? Am Nachmittag des Auferstehungstages? Noch dazu, wenn man die Botschaft von der Auferstehung Jesu schon gehört hat?

Hier haben wir eine Ostersituation, die wir vielleicht gut verstehen können:
Die beiden Wanderer haben lediglich etwas von der Auferstehung gehört. Ihnen wurde erzählt, was andere erlebt haben. Sie bezweifeln die Zeugenaussagen anderer zwar nicht rundheraus. Aber irgendwie hat man den Eindruck, daß das, was andere bezeugen, sie nicht so richtig erreicht. Allein von den Erlebnissen anderer kann man nicht zehren.

Das ist die Situation, in der wir auch sind. Uns wird erzählt, was andere erlebt haben. Wir bezweifeln es nicht. Aber die Zeugenaussagen anderer reißen uns auch nicht gerade vom Hocker.

Das ist übrigens auch die Situation all der Leute, für die Lukas sein Evangelium aufschrieb. Leute, wie Du und ich, die damals in Jerusalem nicht dabei waren. Leute wie Du und ich, die erst einmal nur das haben, was ihnen andere bezeugen, die dabei waren.  

Vielleicht beginnen wir jetzt zu ahnen, warum Lukas von den vielen Ereignissen des Auferstehungstages genau diese Begebenheit ausgewählt hat. Er will den Lesern seines Evangeliums zeigen, wie es geschehen kann, daß auch sie von „Nur-vom-Hörensagen-Jüngern“ zu Zeugen des Auferstandenen werden können.

Die beiden Emmausjünger wissen „dies“ und haben „jenes“ gehört. Frohe Zeugen des Auferstandenen sind sie nicht: weder „froh“ noch „Zeugen“.

Ein Dritter kommt dazu, den sie nicht erkennen. Es ist Jesus in anderer Gestalt. Aber die Gestalt, in der Jesus zu ihnen kam, ist unerheblich. Wichtig ist allein, was Er sagt und tut.

Was sagt Er und was tut er?

Jesus predigt: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war. Jesus zitiert nicht nur die Schrift oder drückt Ihnen ein Altes Testament in die Hand, sondern Er legt die Schrift aus. Und er pickt nicht nur hier und dort ein paar Stellen heraus, sondern hier scheint es um ein richtig systematisches Bibelstudium zu gehen. Erstaunlich, daß Jesus und die Emmausjünger im Gehen ein solches Bibelstudium betreiben konnten! Aber auch die Rabbiner führten ihre Lehrgespräche über die Bibel auswendig. Es war zu umständlich und zu teuer, Textrollen der Bibel mit sich herumzutragen.

Verachtet nicht das Auswendiglernen von Texten. Nur was man auswendig kann, hat man wirklich inwendig! 

Und dann? Wie geht’s weiter? Ist nach der Predigt und einem Segen Schluß? Werden die beiden allein durch eine vollmächtige Predigt zu „Zeugen des Auferstandenen“?
Offensichtlich nicht: Sie erreichten das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben.

Das verkündigte Wort kann und soll jeder hören. Das was der Verkündigung folgt, ist nicht für jeden. Jesus drängt sich nicht auf. Er steht verkündigend vor der Tür und klopft an. Wenn jemand Seine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem wird Er hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit Ihm. Und wenn jemand Seine Stimme hören wird und die Tür nicht auftut, dann eben nicht.

Die beiden öffnen die Türen: Bleibe bei uns! bitten sie. Offensichtlich wohnen sie in Emmaus und laden Jesus als Gast in ihr Haus ein. Was dann allerdings folgt, ist erstaunlich. Der Gast entpuppt sich nämlich als Hausherr: Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch lag, nahm er das Brot und segnete es; und als er es gebrochen hatte, reichte er es ihnen. Es war eigentlich das Vorrecht hat des Hausherren und nicht des Gastes, das Brot zu nehmen, zu segnen und es auszuteilen. Der Gast als Herr! Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. Aber sie konnten ihn nicht festhalten. Als sie erkannten, sahen sie ihn nicht mehr.

Jesus! Der Herr! Erkannt, als Brot genommen, gesegnet, gebrochen ausgeteilt wurde.  

Es ist mit Händen zu greifen, daß der Evangelist Lukas hier sehr deutlich auf das Hl. Abendmahl anspielt. Er hätte ja viel kürzer schreiben können: „Und beim Abendessen erkannten sie ihn plötzlich.“ Nein! Er schreibt umständlich und ausführlich: Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch lag, nahm er das Brot und segnete es; und als er es gebrochen hatte, reichte er es ihnen. Ihre Augen aber wurden aufgetan, und sie erkannten ihn. Den christlichen Lesern des Evangeliums muß es doch da in den Ohren klingeln! Diese Worte, die Lukas hier verwendet, kannte man ja aus jedem Gottesdienst, in dem das Hl. Abendmahl gefeiert wurde. Und wenn sie dann durch diesen deutlichen Fingerzeig des Evangelisten aufmerksam geworden waren und weiter darüber nachdachten, dann erkannten sie auch, daß es überhaupt in jedem Gottesdienst so ist wie bei den Emmausjüngern: Erst wird ausgelegt, „was in der ganzen Schrift von Jesus Christus gesagt war“, danach wird Brot genommen, gesegnet, gebrochen und gegeben.

Der Evangelist Lukas spielt also in seinem Bericht über die Emmausjünger sehr deutlich auf den vollständigen christlichen Gottesdienst an, der in seiner Grundstruktur durch die Jahrtausende gleich geblieben ist: Wortgottesdienst und der Abendmahlsfeier. Zwei Teile, die eine Einheit bilden.

Die Emmausjünger sind jetzt selber Zeugen des Auferstandenen. Sie sind nicht länger nur auf das angewiesen, was andere ihnen bezeugen. Hörensagen-Christen sind Zeugen des Auferstandenen geworden.

Sie standen zur gleichen Stunde auf und kehrten nach Jerusalem zurück. Und sie fanden die Elf und die, die mit ihnen waren, versammelt. Die sagten: Der Herr ist wirklich auferweckt worden und dem Simon erschienen. Die Emmausjünger aber erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach.  

Der Evangelist Markus beschreibt am Ende seines Evangeliums diese ganze Begebenheit, die Lukas so ausführlich schildert, ganz knapp: Jesus offenbarte sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen. Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber sie glaubten ihnen nicht.

Wir lernen hier zwei Dinge:

  1. Jesus offenbart sich in „anderer Gestalt“! Des Lukas Emmausgeschichte und die Notiz des Evangelisten Markus lehren uns, daß die Gestalt, in der Jesus sich offenbart, anders sein kann, als man es erwartet. Die Gestalt, in der Er sich den Jüngern offenbart, ist zweitrangig. Die Hauptsache ist, daß Er sich selbst offenbart, in welcher Gestalt auch immer.

  2. Den Emmausjüngern wurde von den andern Jüngern nicht geglaubt. Selbst wenn die Jerusalemer Jünger Simon Petrus geglaubt hatten, daß er den Herrn gesehen hatte, bedeutete das noch lange nicht, daß man den Emmausjüngern auch geglaubt hätte. Sollte Jesus etwa an ein und demselben Tag sowohl in Jerusalem als auch in Emmaus erschienen sein? Wie konnte er gleichzeitig an verschiedenen Orten sein? Lukas deutet am Ende seiner Emmauserzählung einen lebhaften Disput über diese Dinge an. Als sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Mitten hinein in das lebhafte Gespräch über den Bericht der Emmausjünger kommt Jesus. Erst das plötzliche und überraschende Kommen Jesu beendet alle Diskussionen, allen Zweifel und Unglauben.

Wir fragten: Wie kann es geschehen, daß wir, daß Du, Zeuge des Auferstandenen werden kannst? Die Antwort habt Ihr gehört: Lukas sagt den Christen aller Zeiten, die darüber traurig sind, daß sie damals nicht dabei waren: Du wirst Zeuge des Auferstandenen dort dadurch, daß Dir erst die Schrift ausgelegt wird und Du dann das Abendmahl mitfeierst.

Mahl und Wort / sind der gesegnete Ort! Mit anderen Worten: der Gottesdienst! Der auferstandene Herr hat uns den Gottesdienst gelassen. Wer da will des Auferstandenen gewiß und inne werden, der ist zum Gottesdienst geladen. Der Gottesdienst ist Emmaus!
R. Bösinger, Um die Mitte des Jahrhunderts gepredigt, 152

Der Abendmahlsgottesdienst ist Dein Emmaus! Hier wirst Du vom "Hörensagen-Christen" zum Zeugen des Auferstandenen. Denn im Abendmahlsgottesdienst offenbart sich Jesus Christus in „anderer Gestalt“. 

Wichtig ist also vor allem, daß man auch von uns sagen kann: Er offenbarte sich in anderer Gestalt einigen von ihnen unterwegs.
Rechne aber damit, daß man Dir nicht glaubt, wie man den Emmausjüngern nicht geglaubt hat.

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