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Die Behauptung Drei der vier biblischen Evangelien berichten, daß der Vorhang im Jerusalemer Tempel beim Tode Jesu zerriß[1] . Daraus wird oft geschlußfolgert, daß nun die Schranke zwischen Profanem und Sakralem beseitigt wäre: Es gäbe seitdem keine Trennung mehr zwischen dem Heiligen und dem Unheiligen und alles Profane sei nunmehr heilig. Die Frage ist allerdings, ob das Anliegen dieser Behauptung wirklich ist, das Profane zu heiligen und nicht vielmehr, unter der Hand alles Sakrale zu profanieren? Was sagt die Heilige Schrift Schauen wir genau in die Heilige Schrift. Sie ist nach unserem lutherischen Bekenntnis "die einzige Regel und Richtschnur, nach der in gleicher Weise alle Lehren und Lehrer gerichtet und beurteilt werden sollen ... wie geschrieben steht: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte.“ [2] Ein Blick in die Heilige Schrift zeigt uns, daß der Vorhang, der zerriß, als der Herr am Kreuz starb, sich innerhalb des Heiligtums befand und dabei keineswegs heiliges von unheiligem trennte. Er trennte vielmehr das würfelförmige „Allerheiligste“ vom „Heiligen“ des Tempels.[3] Das Heiligtum des Alten Bundes war nämlich zweigeteilt: es gab das "Allerheiligste" und das "Heilige". Die Teilung des Heiligtums in zwei Räume bedeutet, daß der Herr Seinem Volk zwar nahe sein will, dreister Zudringlichkeit zugleich aber feind ist.[4] Das Allerheiligste des Heiligtums gehört dem Herrn allein. Hinter den Vorhang, der das "Allerheiligste" vom "Heiligen" im Tempel trennte ging allein der amtierende Hohepriester nur einziges Mal im Jahr. Und das nicht ohne Blut, das er darbrachte für sich selbst und für die Sünden des Volkes. Vor dem Vorhang, im "Heiligen" - aber immer noch im Heiligtum des Tempels! - verrichteten die Priester des Alten Bundes den täglichen Gottesdienst. Soweit zu den Örtlichkeiten. Fazit Daß der Vorhang im Tempel beim Tode Jesu zerriß, bedeutet also
nicht die Aufhebung des Unterschiedes von Sakralem und Profanem. Es bedeutet
nicht mehr und nicht weniger, als daß nun der Zugang in das "Allerheiligste", offen
steht. Aus dem zerrissenen Vorhang zu schlußfolgern, daß es fortan gar kein Heiligtum mehr gäbe, ist ebenso intelligent, als würde jemand behaupten, ein Haus wäre verschwunden, bloß weil dessen Tür geöffnet worden ist oder aus dieser Tatsache zu schlußfolgern, die ganze Welt wäre jetzt zu diesem Haus geworden. +++ Der Schreiber des Hebräerbriefes, der es gewiß besser wußte als die neuzeitlichen Entsakralisierer, fordert zweimal betont seine Leser auf:
"Hinzuzutreten" wäre nicht nötig, wenn alles gleich sakral oder gleich profan wäre. Dann könnte man nämlich dort bleiben, wo man gerade ist. Es ist jedenfalls keineswegs so, daß seit Golgatha die ganze Schöpfung sozusagen das Allerheiligste ist. Das ist übrigens nicht einmal dann so, wenn der Neue Himmel und die Neue Erde da sein werden! Würfelförmig wie das Allerheiligste in Tempel und Stiftshütte, sieht der der Johannes „die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel von Gott herabkommen“:
Aber selbst dieses gigantische "Allerheiligste" ist nicht identisch mit der gesamten Schöpfung - und sei sie auch erneuert zum Neuen Himmel und der Neuen Erde: Es gibt Mauern um dieses Allerheiligste und Tore in dieser Mauer. Mauern und Tore markieren jedoch deutlich eine Grenze zwischen Drinnen und Draußen: Es gibt auch in der Neuen Schöpfung ein Drinnen und ein Draußen, Fanum und Pro-Fanum. Würde es aber im Alten Bund und dann später in der Neuen
Schöpfung einen Unterschied zwischen dem Heiligem und der übrigen Schöpfung
geben, im Neue Bund aber nicht, dann wäre der Neue Bund nicht nur besser als der
Alte Bund. Er wäre darüber hinaus auch auch "besser" als der neue Himmel und die neue Erde.
Wir können also davon ausgehen, daß es auch im Neuen Bund den Unterschied zwischen Profan und Sakral gibt: mag es den Feinden alles Sakralem, die vor allem einen Abscheu vor aller „dinglichen Heiligkeit“ haben, nun passen oder nicht.
So war es, so ist es und so wird es sein. Matthias Niche |