|
3. Zusammenfassung und Schlußfolgerung
0. VorbemerkungenNeben 1 Kor 14, 34-35 gilt 1 Tim 2,12 als die wichtigste Belegstelle aus der Bibel, um den Ausschluß der Frau von gemeindeleitenden Ämtern als gottgewollt aufzuzeigen. Freilich leben wir in einer Zeit, in der man sogar unter den "frommen Evangelikalen" zunehmend bereit ist, biblische Ordnungen dem Zeitgeist und der Mehrheitsmeinung zu opfern. Das Muster ist immer wieder dasselbe: Zuerst entfernt sich die "öffentliche Meinung" von biblischen Positionen; dann ziehen die fälschlich so genannten "historisch-kritischen" Theologen nach, indem sie Sachkritik an den scheinbar nicht mehr zeitgemäßen Schriftaussagen üben. Schließlich kommen auch manche "Fromme" in Gleichschritt mit den anderen, indem sie die störenden Bibelworte umdeuten oder als zeitgebunden und darum als heute irrelevant erklären. Daß sie damit faktisch die Lehre von der Vollkommenheit, Deutlichkeit und Autorität der Heiligen Schrift über Bord werfen, stört sie offenbar nicht. Dieses Verhalten legt beredtes Zeugnis ab über die todbringende Krankheit des zeitgenössischen Protestantismus, von der nun auch das evangelikale Lager befallen zu sein scheint. Luther nannte sie „Schwarmgeisterei“. Er schrieb in den Schmalkaldischen Artikeln: Es ist fest dabei zu bleiben, daß Gott seinen Geist oder Gnade niemandem gibt als durch oder mit dem äußeren Wort, das vorangeht. Damit verwahren wir uns gegen die Enthusiasten (Schwärmer), d. h. gegen die Geister, die sich rühmen ohne und vor dem Wort den Geist zu haben, und die darnach die Schrift ... nach ihrem eigenen Belieben beurteilen, deuteln und dehnen. ... Das ist alles der alte Teufel und die alte Schlange, die schon Adam und Eva zu Enthusiasten machte, indem er sie vom äußeren Wort Gottes weg ... eigenes Gutdünken führte.[1] „Schwärmer“ sind demnach die, die es vorher wissen und im Anschluß daran die hl. Schrift so hinbiegen, daß sie ihrem ‚Vor-Urteil‘ Recht gibt. Da gibt es übrigens keinen Unterschied mehr zwischen historisch-kritischen Theologen und manchem Evanglikalen. Mögen die Ergebnisse der jeweiligen „Schriftauslegung“ auch verschieden sein – der Denkansatz ist derselbe. Nur unter dieser Voraussetzung, daß man „ohne und vor dem Wort“ etwas weiß und „darnach die Schrift ... nach dem eigenen Belieben beurteilt, deutelt und dehnt“, ist es möglich, daß Frauen sich persönlich zum Verkündigungsdienst in der Gemeinde berufen wissen. Wie sie sich „ohne und vor dem Wort“, ja sogar gegen dieses Wort berufen wissen und das als "Bibeltreue" deklarieren kann, ist allerdings völlig unbegreiflich. Ein anderer beliebter Trick, der sehr en vogue ist, hängt mit den Worten „ich persönlich“ zusammen: „Ich persönlich“ habe diese Erkenntnis, „du persönlich“ hast jene und jeder muß nach seiner Fasson selig werden. Und wer als Frau „für sich ganz persönlich“ im Gehorsam gegenüber Christus auf eine Ordination verzichtet, soll dies gefälligst nicht zum Grundsatz für andere machen. Kann er ja auch nicht, denn es gibt im Protestantismus ja keine objektive Instanz mehr, die zwischen verschiedenen Erkenntnissen und Auslegungen der Hl. Schrift entscheiden darf. Das Bekenntnis zu Geltung der hl. Schrift wird so aber völlig wertlos. Es bleibt dabei: Die hl. Schrift darf nicht durch menschliche Lehrer gerichtet werden, die sich rühmen "ohne und vor dem Wort ... den Geist zu haben, und darnach die Schrift nach ihrem eigenen Belieben beurteilen, deuteln und dehnen". Umgekehrt wird ein Schuh daraus:
Und weil das so bleibt, wird es um die Frage der „Frauenordination“ – Gott sei Dank - nie Ruhe geben. Das „äußere“ Wort Gottes steht zu gewaltig da. Und es wird bleiben und immer noch da sein, auch wenn die menschlichen Vor-Urteile der Schwarmgeister zusammen mit ihnen schon längst vergangen sind, denn „Gottes Wort bleibt in Ewigkeit“. Auf den mit Unausweichlichkeit eines Pawlowschen Reflexes
einsetzende Vorwurf der Lieblosigkeit antworten wir: Man soll nichts als Wahrheit
akzeptieren, was ohne Liebe ist. Aber man darf auch nichts als Liebe gelten
lassen, was ohne Wahrheit ist.
Wir möchten nicht, daß die Verteidiger der Frauenordination einmal zu hören bekommen: „Wahrlich, ich sage euch, ich kenne euch nicht.“ (Mt 7,23; 25,12)
1. Das UmfeldDer 1 Tim wurde an den Paulusschüler Timotheus geschrieben, der sich in Ephesus befand. In den einleitenden Worten des Paulus im Brief schreibt Paulus, daß er Timotheus bat, in Ephesus zu bleiben. Der Aufenthalt des Timotheus in Ephesus wird durch andere Nachrichten bekräftigt. Eusebius schreibt in seiner Kirchengeschichte: Wie berichtet wird, wurde Timotheus zum ersten Bischof der Kirche in Ephesus ... ernannt.“[4] Nach der Überlieferung wurde er im Jahre 97 n. Chr. in Ephesus vom Pöbel erschlagen, als er sich öffentlich gegen den Artemiskult[5] aussprach. Wir wollen uns dem, was unser Text zum Thema sagt, nicht direkt, sondern quasi über die Hintertreppe nahen und fragen nach dem religiösen und geistigen Klima, dem Timotheus in Ephesus ausgesetzt war. Schauen wir uns diese geistige Atmosphäre an und vergleichen wir mit sie mit unserer Situation, wird uns unweigerlich der Ausspruch Salomos in den Sinn kommen: „Es geschieht nichts Neues unter der Sonne.“
1.1. Die heidnischen ReligionenBevor man behauptet, die ersten (und
maßgebenden) Gemeinden hätten nur aus Rücksicht auf ihre Umwelt keine
Pastorinnen gehabt, muß man erst genau anschauen, was in der damaligen Umwelt
galt. Stimmt das? Nein! Es stimmt nicht! Muttergottheiten und das „Priestertum der Frau“ lagen in Ephesus und der
Provinz Asia geradezu in der Luft. Der Wille Gottes, den Paulus in dieser
Angelegenheit kundtut, war darum schon dem damaligen Zeitgeist ärgerlich und
galt damaligen großstädtische Ohren als nicht zeitgemäß. Die
Zeitgenossen des Timotheus waren eigentlich ein ‚freizügigeres’ Verhalten
gewohnt. Die Stellung der Frau in und um Ephesus war für antike Verhältnisse jedenfalls so hoch, daß einige Befürworter der Frauenordination andererseits sogar behaupten können, Ephesus sei quasi eine "feministische Insel inmitten eines patriarchalischen Meeres" gewesen. Paulus habe angeblich nur von den Frauen in Ephesus verlangt, Männer nicht zu belehren oder Autorität über Männer auszuüben, da sie von einer feministischen Umwelt geprägt seien. Wenn jedoch ein und demselben Lebensraum von den einen Auslegern religiös motivierte Frauenfeindlichkeit unterstellt wird und von anderen Feminismus, zeugt dies von Unkenntnis oder Unverfrorenheit oder beidem. Diese Argumente können wahrscheinlich nur Leute vorbringen, denen es egal ist, wie man zur Beseitigung ärgerlicher Bibelstellen kommt.
1.2. Die GnosisDer hl. Apostel Paulus schrieb seinem „echten Kind im
Glauben“ Timotheus, damit er wisse, „wie man sich verhalten muß
im Hause Gottes, das die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die
Grundfeste der Wahrheit.“[6]
Er bezieht sich im 1 Tim jedoch nicht erkennbar auf heidnisch-weibliche Gottheiten
oder deren Priesterinnen. Es ist nicht leicht, auf Grund der Hinweise im 1 Tim
auf die Natur der Irrlehre zu schließen. Eine Rolle scheinen
Geschlechtsregister und das Gesetz gespielt zu haben, ebenso wie Speiseverbote
und eine grundsätzliche Geringschätzung der Ehe.
O Timotheus, bewahre das
anvertraute Gut, indem du die unheiligen leeren Reden und Einwände der fälschlich
so genannten Erkenntnis meidest zu der sich einige bekennen und von dem Glauben
abgeirrt sind. Die Gnade sei mit euch! Was hier von Paulus als "fälschlich
so genannten Erkenntnis" bezeichnet wird, meint die religiöse Erscheinung,
die man gemeinhin mit "Gnosis" bzw. "Gostizismus"
bezeichnet. ("Gnosis" heißt "Erkenntnis".) Freilich können wir bezüglich des Gnostizismus meist nur auf Quellen aus der Zeit nach Paulus zurückgreifen. Dennoch entstanden die gnostischen Lehren nicht erst im 2. Jh. n. Chr., als die katholische (sprich: allgemeine) Kirche im Kampf auf Leben und Tod mit dem römischen Staat, antiken Mysterienreligionen und eben der "Gnosis" lag. Darstellungen gnostischer Lehren und Systeme aus der nachapostolischen Zeit treffen sicher auch auf das 1 Jh. n. Chr. zu. Kritik daran, wenigstens die Konturen der im 1 Tim vorausgesetzten Irrlehren anhand von Quellen aus dem 2 Jh. aufzuzeigen, ist zurückzuweisen. Gemeinsam ist den verschiedenen gnostischen Lehrsystemen ein Spiritualismus, der dem materiellen und leiblichen Bereich feindselig gegenübersteht. Zwischen materieller und geistiger Welt besteht demnach ein unauflösbarer Widerspruch. Materielle und geistige Welt stehen einander unversöhnlich gegenüber und sind unvereinbar. Erlösung ist Befreiung des Geistes von der Materie durch „Erkenntnis“ bzw. „richtiges Wissen“. Aufgabe des Gnostikers ist es, durch Gnosis (= Erkenntnis) sich von der materiellen Sphäre immer mehr zu lösen und zur göttlichen Fülle emporzusteigen. Aus dieser schöpfungsfeinlichen Haltung heraus könnte die im 1 Tim angesprochene Verwerfung der Ehe und die übertriebene Enthaltsamkeit im Bezug auf Speisen (1 Tim 4,3) erklärt werden. Auch die Bemerkungen betreffs des Gesetzes und der Genealogien in 1 Tim 1 kann man sehr gut mit Passagen aus Irenäus[8] erklären. Insgesamt deuten die Hinweise im 1 Tim auf eine
durch die Irrlehre vorgenommene "Antizipation des Eschatons" (= Vorwegnahme der
Vollendung) hin. Eine schwärmerische Vorwegnahme der noch ausstehenden Vollendung könnte auch das Lehren von Frauen erklären. Denn wenn die Auferstehung schon stattgefunden hat und die für die Vollendung gedachte Aufhebung der Unterschiede zwischen Männern und Frauen[9] schon da ist, wäre nicht einzusehen, warum Frauen nicht auch einer gottesdienstlichen Versammlung vorstehen sollten. Daß in gnostischen Zirkeln die Vollendung und das Heil als egalitäres Paradies gedacht wurde, zeigt zum Beispiel auch das sogenannte Thomasevangelium[10]. Es ist, wie schon gesagt, durchaus wahrscheinlich, daß das Thomasevangelium viel später als der 1 Tim entstand. Doch werden die im Thomasevangelium geäußerten Gedanken nicht am Schreibtisch seines Verfassers entstanden sein, sondern schon lange vorher in Kreisen zirkuliert sein, die der Gnosis zuneigten. Wir lesen dort[11]: (Logion 22): Jesus sagte zu ihnen: ,,Wenn ihr ... das Männliche und das Weibliche zu einem einzigen macht, damit das Männliche nicht männlich ist (und) das Weibliche (nicht) weiblich ist, ... dann werdet ihr [in das Königreich] eingehen. (Logion 114): Simon Petrus sagte zu ihnen: Mariham soll von uns gehen. Denn die Frauen sind des Lebens nicht würdig! Jesus sagte: Siehe, ich werde sie ziehen, damit ich sie männlich mache, damit auch sie zu einem lebendigen Geist werden, der euch Männern gleicht. Denn jede Frau, wenn sie sich männlich machen wird, wird in das Königreich der Himmel eingehen. Hier wird als Lehre Jesu ausgegeben, daß nur eine Frau, die sich männlich machen (und benehmen) wird, das Ziel erreicht. "Himmlisch" soll es demnach dort zugehen, wo der Unterschied zwischen den Geschlechtern aufgehoben ist: Wo nicht das Männliche männlich und das Weibliche weiblich ist. In der Auferstehung heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie Engel im Himmel. Engel gelten als "geschlechtsneutral". Wenn die Auferstehung schon geschehen wäre und somit die Vollendung schon da, dann wären ja auch damit die schöpfungsgemäßen Unterschiede zwischen den Geschlechtern aufgehoben! Wie aktuell diese Dinge heute noch sind,
wird einem bewußt, wenn man genauer hinschaut: Hier hören wir den damaligen Zeitgeist und wir erkennen, daß es auch der Geist unserer Zeit ist. Himmlisch sollte es damals und soll es heute dort zugehen, wo es keinen Unterschied mehr zwischen den Geschlechtern gibt. Wo nicht das Männliche männlich und das Weibliche weiblich ist. Man muß auch gar nicht viel über die Verweiblichung der neuzeitlichen Männer und die
Vermännlichung der neuzeitlichen Frauen sagen. Wird nicht den Frauen seit
Jahrzehnten eingeredet, daß nur eine "Frau, die sich zum Manne macht", wertvoll
ist und glücklich sein wird. Nur eine Frau, die sich zum Manne macht, taugt
etwas. Nur eine Frau, die „ihren Mann“ steht, findet Anerkennung.
Die Umwelt des Paulus und unsere sind nicht so verschieden, wie uns immer eingeredet wird. Es geschieht nichts Neues unter der Sonne. *
2. Die AuslegungV. 8-10 Das Gebet der Männer und der Schmuck der FrauenMit "boulomai oun" beginnt unser Abschnitt, d.h.: „Ich will deshalb...“. Obwohl ein neuer Abschnitt einsetzt, zeigt das oun (= deshalb), daß es einen engen Zusammenhang zum Vorhergehenden gibt. Die Worte des Paulus „ich will“ erhalten ihr besonderes Gewicht durch die Verknüpfung zum vorhergehenden Text, in dem Paulus auf seine apostolische Autorität hinweist[12]. Aber nicht nur auf die Autorität des Apostels wird dort hingewiesen, sondern auch auf die des vom Apostel beauftragten Timotheus.[13] Es ist bezüglich der Auslegung und Anwendung der Anweisungen unserer Bibelstelle wichtig, nach dem Rahmen, in den sie gelten, zu fragen. Mit anderen Worten: redet hier der Apostel von Gemeindeveranstaltungen oder – wie von interessierter Seite gelegentlich vehement vorgetragen – gibt er allgemeine Anweisungen über das Eheleben? Wäre dem nämlich so, dann hätte Paulus hier nicht ein Lehrverbot für Frauen im kirchlichen Raum ausgesprochen, sondern eigentlich nur das Gebot des Ahasveros aus dem Buche Esther bekräftigt, daß ein jeder Mann der Herr in seinem Hause sei.[14] Dem ist zu entgegnen, daß der ganze Zusammenhang des 1 Tim auf den öffentlichen Bereich der christlichen Gemeinde hinweist. Der gottesdienstliche Rahmen für 1 Tim 2,8ff. ist durch die Tätigkeiten, die angesprochen werden, nämlich Gebet und Lehre, wahrscheinlicher. Es ist eher unwahrscheinlich, daß Paulus inmitten seiner Polemik gegen Irrlehrer Anweisungen für das eheliche und häusliche Miteinander einfügen würde. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Formulierung „an jedem Ort“ (V. 8) hinweisen. Sie begegnet uns auch in 1 Kor 1,2. Auffällig ist aber, daß hier die Weissagung aus Mal 1,11 anklingen mag, die schon in der Didache[15] oder von Justin[16] auf den eucharistischen Gottesdienst der Kirche bezogen werden. Die Wendung „an jedem Ort“ kann sich im 1 Tim auf Hauskirchen beziehen oder auf alle christlichen Gemeinden überhaupt und nicht nur auf die in Ephesus. In beiden Fällen aber wäre von „öffentlichen“ Gottesdiensten die Rede. „Öffentlich“ heißt im Zusammenhang mit Gottesdienst hier jedoch nicht zwangsläufig, daß alle Menschen ungehindert freien Zutritt gehabt hätten. Die Rede ist hier vielmehr davon, daß dieser Gottesdienst als Herz und Mitte geistlichen Lebens der Gemeinde für alle Glieder der Kirche gedacht und zugänglich war. Ausführlicher hat Gottfried Holtz in seinem Kommentar zu den Pastoralbriefen den Zusammenhang zwischen 1 Tim und Abendmahlsgottesdienst herausgearbeitet. Er denkt bei "oikonomia theou en pistei" (1 Tim 1,4: Verwalterdienst Gottes der im Glauben) an die gottesdienstliche Feier der Eucharistie. Wenn ich ihm auch sonst in manchen exegetischen Entscheidungen nicht folge, so ist er doch diesbezüglich ein unverdächtigerer Ausleger als jemand, der der hochkirchlicher Theologe ist und schnell verdächtigt wird, überall in der Bibel Hinweise auf das Hl. Abendmahl und den Gottesdienst zu finden. V. 11-12 Vom Lernen und Lehren der FrauFast jedes Wort in den V. 11 und 12 ist in der Auslegung umstritten. Die Sache sowieso. Eine Widerlegung aller Thesen, mit denen von interessierter Seite versucht wird, die klaren Aussagen des Apostels aus der Welt zu schaffen, ist jedoch nicht Aufgabe dieser Bibelarbeit. Zunächst eine Bemerkung zum kunstvollen Aufbau: Die Worte „in Stille“ sind die Klammer der beiden Verse. Damit beginnen und damit enden sie. Innerhalb dieser Klammer ist
V. 12 erklärt V.11 und führt ihn weiter. Zwei Dinge werden Frauen untersagt:
Wie sind diese beiden Tätigkeiten einander
zugeordnet?
Sie gehören zusammen!
Jesus setzte sich, die Jünger
standen![20] Das muß sorgfältig vor
dem Hintergrund antiker Gebräuche gehört werden. Wer etwas zu sagen hatte, saß.
Wer zu hören und zu gehorchen hatte, stand.[21]
Man darf also in den biblischen Begriff „Lehren“ nicht neuzeitliche Vorstellungen hineinlegen. In der Bibel ist mit „Lehre“ nicht Smalltalk oder die Weitergabe von Informationen gemeint, mit denen die Empfänger je nach Belieben umgehen können. „Lehre“ im NT ist verbindliche Weisung. Das gilt auch für das Lehramt in der Kirche. „Lehren“ ist die autoritative Weitergabe der christlichen Lehre und authentische Auslegung des Wortes Gottes in der Vollmacht Jesu Christi. Hempelmann nennt Lehren: „Autoritative Traditionsweitergabe in autorisierten Positionen“.[22] Hier gilt das Wort Christi an die Apostel: "Wer euch hört, der hört mich.“[23] Der christliche Lehrer sagt in der Vollmacht Jesu Christi definitiv: „So und so ist es, und so und so ist es nicht. Dies sollst du tun, und dies sollst du nicht tun.“ Das kirchliche Lehramt trifft in der Autorität Christi verbindliche Entscheidungen auf dogmatischem und ethischem Gebiet. Wenn das nicht „Autorität ausüben“ heißt, weiß ich nicht, was es sonst heißen soll. Dieses Lehren in Vollmacht und Autorität Jesu Christi geschieht vor allem im "öffentlichen und amtlichen" Gottesdienst der Kirche[24] und ist die Aufgabe der Bischöfe und Priester.[25] Einer Frau ist es nicht gestattet, solcherart Autorität auszuüben. Sie kann gemäß dem apostolischen Verbot also folglich unmöglich Bischof oder Priester sein. Freilich finden wir im NT auch noch andere Formen der Weitergabe christlicher Botschaft. Sogar solche, die einem wie eben beschriebenen Lehren sehr nahe kommen. Man denke hier nur an die Episode in Apg 18,26:
Lukas vermeidet hier ausdrücklich den Begriff „lehren“! Dieses „den Weg Gottes genauer auseinandersetzen bzw. erklären“ geschah außerdem nicht im öffentlichen Gottesdienst der Kirche, sondern im häuslichen Rahmen einer privaten Unterweisung. Genau das trifft aber auch auf Bibelstellen zu, die im Zusammenhang mit dem
"Lehren"
von Frauen immer wieder genannt werden: 2 Tim 1,5 (Mutter und Großmutter des
Timotheus) und Tit 2,4 (die älteren Frauen sollen die jüngeren anleiten).
Im übrigen soll es nach Kol 3,16 noch das gegenseitige Lehren und Ermahnen unter den Gemeindegliedern geben, von dem Paulus in Kol 3,16 die Frauen nicht ausnimmt. Diese private Unterweisung ist jedoch unterschieden vom Lehre, von der offiziellen und autoritativen Weitergabe der christlichen Lehre und authentische Auslegung des Wortes Gottes in der Vollmacht Jesu Christi im Rahen eines „öffentlichen“ Gottesdienstes. Was ist der Unterschied zwischen einer Unterweisung im privaten Rahmen und dem Lehren im öffentlichen und amtlichen Gottesdienst der Kirche? Der Unterschied besteht darin, daß ein Christ nicht frei darin ist, ob er den öffentlichen und allgemeinen seiner Gemeinde besucht oder nicht. Zum Besuch der gottesdienstlichen Versammlung ist er verpflichtet. Wenn nun in diesem öffentlichen und amtlichen Gemeindegottesdienst entgegen dem apostolischen Gebot eine Frau lehrt und dadurch Autorität über einen Mann ausübt, kann ein Mann sich dem nur dadurch entziehen, daß er diese Veranstaltung meidet. Einen privaten Kreis von Christen zu besuchen, ist dagegen für jeden Christen freiwillig. Man kann sich dem jederzeit ohne zu sündigen entziehen. Etwas ähnliches finden wir übrigens auch im Alten Bund: Die Prophetinnen Debora und Hulda weissagten nicht im Zusammenhang des öffentlichen Gottesdienstes Israels, sondern sozusagen im "häuslichen Milieu". Wer es freiwillig wollte, konnte sie freiwillig aufsuchen. Man mußte aber nicht. Vor allem war man nicht gezwungen, sie zu hören, wenn man zum öffentlichen Gottesdienst Israels ging.
V. 13-14 Die Begründung des VerbotsJedenfalls sind Unterschiede zwischen Mann und Frau schon in der Schöpfungsordnung begründet und nicht etwa eine Folge des Sündenfalls oder gar gesellschaftlicher Normen und Institutionen. Gern wird behauptet, daß die Erlösungsordnung die Schöpfungsordnung außer Kraft setzt. Das sagt aber nicht die hl. Schrift, sondern ist ein gnostischer Topos. Wir erinnern uns: In der Bestreitung jeglicher grundsätzlicher und schöpfungsgemäßer, Unterschiede zwischen Männern und Frauen in diesem Äon begegnet uns die Vorwegnahme der endzeitlichen Vollendung, die das Wesen jeglicher theologischen als auch politischen Schwärmerei ist. Auf den vergeblichen Versuch, Gal 3,28 gegen die
apostolischen Anweisungen zum Lehrverbot für Frauen ins Feld zu führen wurde
schon kurz eingegangen: Die Frage der eschatologischen Errettung hat nichts mit der Frage zu
tun, ob Männer und Frauen die gleichen Aufgaben in der Kirche haben! Problematisch erscheint hier auf dem ersten Blick V. 14:
Soll damit gesagt werden, daß Eva „nur“ getäuscht wurde, während Adam in vollem Bewußtsein als Empörer Gottes Gebot übertrat? Das würde die Verantwortung Adams als „Führers“ und „Lehrers“ seiner Frau besonders herausstreichen. Freilich ist dann kaum noch einsichtig, warum mit diesem Argument begründet wird, daß Männer Frauen lehren sollen und nicht umgekehrt. Der Hinweis auf diese besondere Verantwortung Adams für die Sünde, die in die Welt kam, könnte andererseits die besondere Hauptschaft Adams herausstreichen. Immerhin wendet sich Gott nach dem Sündenfall zuerst an Adam. Die Strafe für Adam wurde damit begründet, daß er auf die Stimme seiner Frau gehört habe, mit anderen Worten: daß er ihr gehorcht hat. Paulus' Absicht ist aber wahrscheinlich begrenzter. Er will
sich vermutlich auf die Tatsache beschränken, daß die Schlange Eva ansprach
und nicht Adam. Nach 2 Tim 3,6 wandten sich auch Irrlehrer bevorzugt an
Frauen. Diese Taktik erinnert wiederum an die der Schlange im Garten Eden. So
wie im Paradies Gottes die Schlange war, werden in der Kirche Gottes Irrlehrer
sein. Im Garten Eden und in Ephesus
ist die Frau das Einfallstor der Verführung. Das mindert überhaupt nicht die
Verantwortung des Mannes. Im Gegenteil. Bedeutsamer wird die Tatsache, daß die
Schlange sich an Eva wandte, falls Adam während der Versuchung bei Eva war: Die
Schlange näherte sich Eva und wirkte auf sie ein. So untergrub sie das Prinzip
männlicher Leiterschaft. Adam war da, aber er griff nicht ein. Eva jedoch
ergriff die Initiative und antwortete der Schlange. Adam hinderte sie nicht
daran. Eva übernahm die Führung über Adam. V. 15 Selig durch Kinderkriegen?V. 15 klingt nicht nur Protestanten zunächst unerträglich. Wir übergehen hier Auslegungen, daß Paulus hier von einer Bewahrung während des Geburtsvorganges redet. Das Wort sōzō hat bei Paulus meines Wissens immer die Bedeutung einer geistlich-eschatologischen Errettung. Eine kirchengeschichtlich geläufige
Auslegung entdeckt hier einen Hinweis auf die Geburt Jesu Christi. Es wird auf
den Zusammenhang auf Evas Täuschung hingewiesen. Da Paulus Gen 3 zitiert, wird
angenommen, daß er anschließend mit einem Hinweis auf die Zusage des in Gen
3,15 verheißenen Samens argumentiert. „Sie“ bezöge sich auf Eva als der
Vertreterin aller Frauen. Schreibt Paulus dann aber etwa, daß eine Frau selig wird dadurch, daß sie Kinder zur Welt bringt? Kann man sich durch den Gebärvorgang den Himmel verdienen? Stellt dies nicht eine Form von Werkgerechtigkeit dar, die im Widerspruch zu anderen Aussagen des Apostels stände? Entscheidend ist hier das Verständnis der Präposition
"dia" (= durch).
Es darf sicher nicht so verstanden werden, daß eine Frau „wegen“ des Gebärens
selig wird, sondern „durch das Gebären hindurch“. Der Hinweis auf das Gebären von Kindern könnte demnach
die Antwort des Apostels auf spezielle Irrlehren der Gnostiker sein. Dieser
Hinweis darauf ist zudem deswegen so angebracht, weil das Gebären von Kindern
eine genuin weibliche Tätigkeit ist! Kindergebären stände demnach als Teil für
das Ganze der fraulichen "Aufgaben". Mit anderen Worten: Paulus schreibt, daß die Frau in Erfüllung ihrer fraulichen Aufgabe gerettet werden wird. Gnostische Lehrer verbreiteten die Lehre, die im Thomasevangelium (das nach der Niederschrift der Pastoralbriefe entstand) so ausgedrückt wird: (Logion 114):
Mit diesem Satz, nach dem eine Frau als Frau
nicht gerettet werden kann, schließt das Thomasevangelium. Der Apostel Paulus
dagegen schreibt, daß die Frau eben als Frau gerettet wird und sich, um gerettet
zu werden, keinesfalls "männlich machen" muß. * Was meint der Apostel aber mit
Wer ist mit „sie“ gemeint? Ein Bezug auf die Kinder oder gar Ehemänner, den manche sehen wollen, würde diese m. E. zu abrupt ins Spiel bringen. Ich meine, daß Paulus auch hier von den Frauen redet. Der Wechsel zwischen Einzahl und Mehrzahl im V. 15 paßt zur Struktur des ganzen Abschnitts. In den V. 9-10 redet Paulus von den Frauen zuerst in der Mehrzahl. Dann wechselt er zur Einzahl in den Versen 11-15a, um dann schließlich zum Plural zurückzukehren. Eine weitere Beobachtung erhärtet die Deutung auf die Frauen: Der Apostel schreibt in 1 Tim 5,14f.:
1 Tim 2,15 erinnert aus zwei Gründen an 1 Tim 5,14f.:
Paulus meint also sicher nicht, daß das Kindergebären „an sich“ selig macht. Er will im V. 15 betonen, daß in Christus Jesus der Glaube, der durch die Liebe tätig ist, gilt. Dieser durch die Liebe tätige Glauben zeigt sich bei christlichen Frauen darin, daß sie ihre unverzichtbaren Aufgaben als Frau in Glauben und Liebe und Heiligkeit annehmen und leben. Der Schwerpunkt liegt somit nicht beim Gebären von Kindern, sondern darin, als Frau Christin zu sein und zu bleiben und als Christin Frau. Kindergebären ist eine ausschließlich weibliche Tätigkeit. Es gibt jedoch keinen Sonderheilsweg für Frauen. In Glauben, Liebe und Heiligkeit zu bleiben, ist freilich auch für Männer heilsnotwendig. Derselbe Paulus, der ohne Einschränkung schrieb: „Da ist nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus“, schrieb ebenfalls ohne geschlechtsspezifische Einschränkungen vorzunehmen: „In Christus Jesus gilt ... der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.“ Da genau dieser - und nur dieser - Glaube der Rechtfertigungsglaube ist, sind Frauen durch das Lehrverbot bezüglich ihres Seelenheils nicht benachteiligt. Eine wichtige Festestellung am Schluß der Auslegung: 1 Tim 2,15 ist innerhalb der paulinischen Aussagen zur Stellung der Frau etwas Besonderes. Während fast alles andere, was Paulus zu diesem Thema schreibt, restriktiv und abwehrend ist, findet sich hier eine beinahe unbegreiflich positive Aussage über die Aufgaben der christlichen Frau. Ein wichtiger Hinweis sei noch beigefügt. Es ist auffällig, daß wohl kaum sonst im NT in so gedrängter Fülle eine positive Würdigung der geschlechtsspezifischen Rolle der Frau in Kirche, Familie und Gesellschaft auftritt, wie ausgerechnet in den Pastoralbriefen.
3. Zusammenfassung und SchlußfolgerungIch fasse die wesentlichen Aussagen von 1 Tim 2,8-15 zusammen:
In der Amtsfrage geht es um die Stiftung
durch Christus, um das Gebot des Herrn, um die Repräsentanz Christi und die
Vollmacht - also um die Gültigkeit und volle Wirksamkeit kirchlichen Handelns
und darum berühren diese Frage letztendlich auch die Frage nach der
Rechtfertigung. Ein
Blick in den Ersten Korintherbrief, in dem im 14. Kapitel dasselbe Thema behandelt
wird, weist in dieselbe Richtung. Dort schreibt der Apostel Paulus: „Wenn
aber jemand das nicht erkennt, so wird er auch (von Gott) nicht erkannt.“ (1
Kor 14,38 nach der Rev. Elb.Übersetzung) * Ein Studium der Pastoralbriefe macht deutlich:
Die Kirchengeschichte lehrt uns dasselbe: als die Kirche im 2. Jh. durch den Gnostizismus tödlich bedroht war, konnte sie diese Krisis dadurch überwinden, daß sie an ihrer Apostolizität festhielt. Dies geschah dadurch, daß sie festhielt
Was sollen wir
aber in der gegenwärtigen Zeit tun in der gnostische Irrlehren von neuem
ihr Haupt erheben? Vor allem müssen wir lernen, die Frage der Ordination von Frauen nicht isoliert zu sehen. Die Einführung dieser häretischen Praxis ist nur ein Schritt auf dem Weg der Abschaffung apostolischen Glaubens und apostolischer Praxis und der Umwandlung des Christentums in eine andere Religion. Wir haben nicht nach Mehrheiten zu schielen, sondern auf den Herrn zu sehen, der einerseits den Großen Abfall voraussah und andererseits Seiner Gemeinde versprochen hat, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwinden werden.
[1] Schmalkaldische Artikel
Teil III, Art.8
[2] Konkordienformel
[3] 1 Kor 14,37f. (Rev. Elb.
Übersetzung)
[4] Eusebius Caesariensis:
Kirchengeschichte /Eusebius von Caesarea. [Hrsg. Und eingeleitet von
Heinrich Kraft. Übers. Von Philipp Haeuser. Durchges. Von Hans Armin Gärtner].
– Studienausg., unveränd. Nachdr. der 3. Aufl. – Darmstadt: Wiss.
Buchges. 1997; Seite 153
[5] nach anderen:
Dionysos-Kult
[6] 1 Tim 3,15
[7] 1,3-11.18-20;
4,1-10;5,11-15;6,3-10.20-21
[8] Entlarvung und Widerlegung
der falschen Gnosis (gewöhnlich Adversus haereses genannt): 1,1; 1,27,2
[9] vielleicht unter Bezug auf
Mk 12,25 par: "... sie werden sein wie die ("geschlechtsneutral" gedachten)
Engel ..."
[10] Das Thomasevangelium ist
wohl der bekannteste und am häufigsten untersuchte Text innerhalb der
Nag--Hammadi--Schriften. Es ist den Kirchenvätern bekannt gewesen (vgl.
z.B. Hipp. ref. V 7, 20;
Eus. h.e. III 25,6; Or. Luc. hom 1). Dieser Sachverhalt weist auf ein
Vorhandensein des EvTh bereits im 2. Jahrhundert hin, was durch die
Fragmente des erstmals 1897 herausgegebenen griechischen Papyrus Oxyrynchus
(Datierung auf 200) bestätigt wird. So sind in POxy 1 (Log 28--33); POxy
654 (EvTh Prolog und Log 1--6) und POxy 655 (Log 37--40) Sprüche vorhanden,
die auch im koptischen EvTh zu finden sind. Das koptische EvTh kann jedoch
nicht als Übersetzung von POxy angesehen werden, da es Abweichungen gibt.
(Quelle: http://www.gwdg.de/~rzellwe/nhs/node85.html)
[11] Quelle: http://www.gwdg.de/~rzellwe/nhs/node86.html
[12] 1,1.11.12
[13] 1,2.3.18.
Das Attribut
"gnesios" (= rechtmäßig, echt)
ist ein Bekenntnis des Paulus zu Timotheus.
[14]
Esth 1,22
[15]
Did 14,3
[16]
dial. 117,2.4
[17] V. 9: polytelei = kostbar, viel aufwendend
[18] Holtz, a.a.O. S. 64
[19]
hosious
[20] auch Mt 13,2
[21] z. Bsp. 1 Sam 22,6; Dan
7,10;
[22]
Hempelmann, Heinzpeter:
Gottes Ordnungen zum Leben. S. 77
[23]
Lk 10,16
[24] 1 Tim 4,13.16; 6,2; 2 Tim
4,2; Tit 2,7
[25] 1 Tim 3,2 und 5,17.
Die "Ältesten" (Presbyter), von denen Paulus in diesen Bibelstellen redet,
sind keineswegs das, was heute in evangelischen Gemeinden darunter
verstanden wird: nämlich für die Dauer einer Wahlperiode von der Gemeinde
gewählte Mitglieder eines Gemeindevorstandes. Ein solches Amt kommt
im Neuen Testament überhaupt nicht vor. Die Verwendung des biblischen
Begriffes "Presbyter" oder "Älteste" für solche auf Dauer einer Wahlperiode
gewählten "Vereinsvorstandsmitglieder" ist irreführend. Die Kirche Gottes
ist keine Rätedemokratie!
[26]
paratheke (juristischer term. tech. für das, was in
Verwahrung gegeben wird),
in der Vulgata stets mit „depositum“ wiedergegeben, kommt im NT
außer in 1 Tim 6,20 noch in 2 Tim 2,12+14 vor und wird stets in der
Verbindung mit dem Verb phylassein
(bewachen, bewahren) gebraucht. |