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Diese Predigt ist dazu bestimmt und angefangen, um ein Unterricht für die
Kinder und Einfältigen (einfachen Leute) zu sein; deshalb heißt sie auch von alters her auf Griechisch "Katechismus", d.h. eine Kinderlehre. Sie muß jeder
Christ notwendigerweise kennen; einen, der das nicht kennt, könnte man also
nicht unter die Christen zählen und zu keinem Sakrament zu lassen, geradeso, wie
man einen Handwerksmann, der seines Handwerks Recht und Gebrauch nicht kennt,
(ergänze: aus der Zunft) hinauswirft und für untauglich hält. Deshalb soll man junge
Leute die Stücke, die in den Katechismus oder in die Kinderpredigt gehören, gut
und fließend lernen lassen und sie mit Fleiß darin üben und betreiben. Darum ist
auch jeder Hausvater verpflichtet, wenigstens einmal in der Woche seine Kinder
und sein Gesinde reihum das abzufragen und abzuhören, was sei davon wissen oder
gerade erst lernen, uns sie mit Ernst dazu anhalten, wenn sie es nicht können.
Denn ich kann mir die Zeit gut denken, ja es kommt noch täglich vor, daß
man unwissende, alte, betagte Leute findet, die von alldem gar nichts gewußt
haben oder noch nichts wissen; doch gehen sie gleichwohl zur Taufe und zum
Sakrament und machen von allem Gebrauch, was die Christen haben. Dabei sollten
doch diejenigen, die zum Sakrament gehen, billigerweise mehr wissen und ein
völligeres Verständnis aller christlichen Lehre haben als die Kinder und
ABC-Schützen.
Trotzdem lassen wir es für die Allgemeinheit bei den drei Stücken bewenden, die
von alters her in der Christenheit sich erhalten haben, aber wenig recht gelehrt
und getrieben worden sind; so lange, bis man sich in diesen wohl
übt und darin bewandert wird, sowohl Junge als Alte, was ein Christ heißen
und sein will. Es sind nämlich die folgenden Stücke:
Zum ersten: Die Zehn Gebote Gottes
- Du sollst nicht andere Götter haben neben mir.
- Du sollst den Namen Gottes nicht unnütz gebrauchen.
- Du sollst den Feiertag heiligen.
- Du sollst Vater und Mutter ehren.
- Du sollst nicht töten.
- Du sollst nicht ehebrechen.
- Du sollst nicht stehlen.
- Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
- Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.
- Du sollst nicht begehren seines Weibes, seines Knechtes, seiner Magd,
seines Viehs oder was sein ist.
Zum andern: Die Hauptartikel unseres Glaubens
Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und
der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten
unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das
Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den
Himmel, er sitzt zu Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er
kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, eine heilige christliche
Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Zum dritten: Das Gebet oder Vaterunser, das Christus gelehrt hat
Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme. Dein
Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und
führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Amen.
Das sind die nötigsten Stücke, die man zuerst lernen muß, Wort für Wort
herzusagen. Und soll man die Kinder daran gewöhnen, daß sie täglich,
wenn sie morgens aufstehen, wenn sie zu Tisch gehen und wenn sie sich abends
schlafen legen, es aufsagen müssen, und man soll ihnen nicht zu essen und zu
trinken geben, bis sie es hergesagt haben. Auch ist jeder Hausvater
schuldig, es in gleicher Weise mit dem Gesinde, Knechten und Mägden zu
halten: er soll sie nicht bei sich behalten, wenn sie es nicht können oder nicht
lernen wollen. Denn es ist unter keinen Umständen zu dulden, daß ein Mensch so
roh und wild ist und das nicht lernt, wo doch in diesen drei Stücken kurz,
leichtverständlich und aufs einfachste zusammengefaßt ist, was wir in der Hl.
Schrift haben. Denn die lieben Väter oder Apostel, wer sie auch gewesen sein
mögen, haben damit zusammengefaßt, was der Christen Lehre, Leben, Weisheit und
Kunst ist, wovon sie reden und handeln, und womit sie umgehen.
Wenn nun diese drei Stücke erfaßt sind, so gehört sich's auch, daß man
etwas zu sagen wisse von unsern Sakramenten, die Christus selbst eingesetzt hat:
von dem der Taufe und dem des heiligen Leibes und Blutes Christi: nämlich den
Text, den Matthäus und Markus am Schluß ihres
Evangeliums schreiben, wie Christus seinen Jüngern den Abschied gab uns sie
aussandte:
Von der Taufe
Gehet hin in alle Welt und macht zu Jüngern alle Völker: taufet sie auf den
Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Wer da glaubt und
getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammt
werden.
Soviel ist es genug für einen einfachen Mann, aus der Schrift von der Taufe zu wissen.
Auch vom anderen Sakrament mit kurzen, einfachen Worten, nämlich den
Text des hl. Paulus:
Vom Sakrament des Altars
Unser Herr Jesus Christus in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das
Brot, dankte und brach's und sprach: "Nehmet hin und esset; das ist mein Leib,
der für euch gegeben wird; Solches tut zu meinem Gedächtnis." Desgleichen nahm
er auch den Kelch nach dem Abendmahl und sprach: "Dieser Kelch ist ein neues
Testament in meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden.
solches tut, so oft ihr's trinket, zu meinem Gedächtnis."
Somit hätte man von der ganzen christlichen Lehre alles in allem fünf Stücke.
Die soll man immerdar betreiben und von Wort zu Wort verlangen und abhören. Denn
verlasse dich nicht darauf, daß das junge Volk es allein aus der Predigt lerne
und behalte. Wenn man dann in diesen Stücken gut Bescheid weiß, so kann man
darnach auch einige Psalmen oder Lieder, die dazu gedichtet worden sind,
aufgeben als Zugabe und zur Befestigung darin. Und so kann man die Jugend in die Schrift bringen und täglich darin weiter fortfahren.
Es soll aber nicht daran genug sein, daß man`s bloß dem Wortlauf nach erfasse
und hersagen könne. Man lasse vielmehr das junge Volk auch zur Predigt gehen,
besonders in der Zeit, die für den Katechismus bestimmt ist, damit sie es
ausgelegt hören und verstehen lernen, was ein jedes Stück in sich schließt. Sie
sollen also dann auch imstande sein, es aufzusagen, wie sie es gehört haben, und
fein richtig zu antworten, wenn man sie fragt, damit es nicht unnütz und
fruchtlos gepredigt werde. Darum nämlich, um das der Jugend einzubleuen, machen
wir uns die Mühe, den Katechismus oft vorzupredigen, nicht hoch noch
scharfsinnig, sondern kurz und ganz einfach, damit es ihnen gut eingehe und im
Gedächtnis bleibe. Deshalb wollen wir nun die angeführten Stücke nacheinander
uns vornehmen und aufs deutlichste davon reden, so viel nötig ist.
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