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Der Große Katechismus: Der Glaube

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Der Glaube

Bisher haben wir vom ersten Stück christlicher Lehre gehört, und darin alles gesehen, was Gott von uns getan und gelassen haben will. Darauf folgt nun mit Recht das Glaubensbekenntnis; es legt uns alles vor, was wir von Gott erwarten und empfangen müssen, und lehrt uns, kurz gesagt, ihn ganz und gar zu erkennen. Dies [aber] soll eben dazu dienen, daß wir das tun können, was wir gemäß den zehn Geboten tun sollen. Denn diese sind, wie oben gesagt, so hoch gestellt, daß aller Menschen Vermögen viel zu gering und schwach ist, sie zu halten. Darum ist dieses Stück ebenso notwendig zu lernen wie jenes, damit man wisse, wie man dazu kommt, woher und wodurch diese Kraft zu nehmen sei. Denn wenn wir aus eigenen Kräften die zehn Gebote halten könnten, wie sie zu halten sind, so brauchten wir nichts weiter, weder den Glauben noch das Vaterunser. Aber ehe man so Nutzen und Notwendigkeit des Glaubensbekenntnisses darlegt, ist es im Blick auf die ganz einfachen Menschen fürs erste genug, wenn sie das Glaubensbekenntnis an und für sich erfassen und verstehen lernen.

Zunächst hat man bisher das Glaubensbekenntnis in zwölf Artikel geteilt. Wenn man [freilich] alle Stücke, die in der Schrift stehen und zum Glaubensbekenntnis gehören, einzeln erfassen wollte, so sind es viel mehr Artikel; auch können sie nicht alle in so wenig Worten deutlich ausgedrückt werden. Damit man's aber so leicht und einfach als möglich erfassen könne, wie es für die Kinder zu lehren ist, wollen wir das ganze Glaubensbekenntnis kurz in drei Hauptartikeln zusammenfassen, den drei Personen der Gottheit entsprechend, auf die alles ausgerichtet ist, was wir glauben. Der erste Artikel, von Gott dem Vater, möge also die Schöpfung erklären, der zweite, von dem Sohn, die Erlösung, der dritte, von dem Heiligen Geiste, die Heiligung, als wäre der Glaube in allerkürzester Form in folgende wenige Worte gefaßt: "Ich glaube an Gott Vater, der mich geschaffen hat; ich glaube an Gott den Sohn, der mich erlöst hat; ich glaube an den Heiligen Geist, der mich heilig macht." Ein Gott und ein Glaube, aber drei Personen, darum auch drei Artikel oder Bekenntnisse. So wollen wir nun in Kürze die Worte durchgehen.

Der erste Artikel

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erden

Da ist aufs allerkürzeste dargestellt und geschildert, was Gottes des Vaters Wesen, Wille, Tun und Werk ist. Denn nachdem die zehn Gebote [uns] vorgehalten haben, man solle nicht mehr als einen Gott haben, so könnte man uns fragen: "Was ist denn Gott für ein Mann, was tut er, wie kann man ihn preisen oder darstellen und beschreiben, daß man ihn kenne?" Das lehrt nun dieser und die folgenden Artikel. Somit ist das Glaubensbekenntnis nichts anderes als eine Antwort und ein Bekenntnis der Christen, das auf dem ersten Gebot begründet ist. Wenn man etwa ein junges Kind fragte: "Lieber, was hast du für einen Gott? Was weißt du von ihm?" - so könnte es sagen: "Das ist mein Gott: erstens der Vater, der Himmel und Erde geschaffen hat. Außer diesem einen halte ich nichts für Gott; denn sonst gibt es keinen, der Himmel und Erde schaffen könnte."

Für die Gelehrten aber und für die, die etwas bewandert sind, kann man die Artikel alle drei weit ausmalen und in soviel Stücke einteilen, als es Worte sind. Jetzt aber, für die jungen Schüler, sei es genug, das Nötigste aufzuzeigen, daß nämlich, wie gesagt, dieser Artikel die Schöpfung betrifft, daß man auf dem Wort "Schöpfer Himmels und der Erden" stehe. Was heißt nun das, oder was meinst du mit dem Wort: "Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer usw.?" Antwort: Das meine und glaube ich, daß ich Gottes Geschöpf bin. D.h.: er hat mir gegeben und erhält mir ohne Unterlaß Leib, Seele und Leben, kleine und große Gliedmaßen, alle Sinne, Vernunft und Verstand usw. Essen und Trinken, Kleider, Nahrung, Weib und Kind, Gesinde, Haus und Hof usw. Dazu läßt er mir alle Kreaturen zu Nutz und Notdurft des Lebens dienen: Sonne, Mond und Sterne am Himmel, Tag und Nacht, Luft, Feuer, Wasser, Erde, und was sie trägt und hervorbringt wie Vogel, Fisch, Tier, Getreide und Gewächs aller Art; ebenso was sonst noch leibliche und zeitliche Güter sind, wie gutes Regiment, Frieden, Sicherheit. So soll man also aus diesem Artikel lernen, daß keiner von uns weder das Leben von sich selber hat noch alles, was soeben aufgezählt wurde und noch aufgezählt werden kann, [und daß er es auch] nicht erhalten kann, so klein und geringfügig es sein mag. Denn das ist alles in dem Wort "Schöpfer" eingeschlossen.

Hieraus ergibt sich von selbst die Schlußfolgerung: weil uns das alles was wir besitzen, dazu was im Himmel und auf Erden ist, täglich von Gott gegeben, erhalten und bewahrt wird, so sind wir wahrlich schuldig, ihn darum ohne Unterlaß zu lieben, zu loben und zu danken, und kurzum, ihm damit ganz und gar zu dienen, wie er es durch die Zehn Gebote gefordert und befohlen hat.

Hier wäre nun, wenn man es ausführlich behandeln wollte, viel davon zu sagen, wie wenige es sind, die diesen Artikeln glauben. Denn wir gehen alle drüber hin, hören's und sagen's sehen aber und bedenken nicht, was und die Worte auftragen. Denn wenn wir' von Herzen glaubten, würden wir auch darnach tun, und nicht so stolz einhergehen, nicht so trotzen und uns brüsten, als hätten wir das Leben, Reichtum, Gewalt und Ehre usw. von uns selbst, so daß man uns fürchten und dienen müßte. So macht es die unselige, verkehrt Welt; sie ist in ihrer Blindheit ersoffen, mißbraucht alle Güter und Gaben Gottes nur zu ihrer Hoffahrt, Geiz, Lust und Vergnügen, und sieht nicht ein einzigesmal auf Gott, um ihm zu danken oder ihn als Herrn und Schöpfer anzuerkennen. Darum sollte dieser Artikel uns alle demütigen und erschrecken, sofern wir's glaubten, Denn wir sündigen täglich mit Augen, Ohren, Händen, Leib und Seele, Geld und Gut und mit allem, was wir haben; in besonderer Weise tun dies diejenigen, die auch noch wider Gottes Wort fechten. Doch haben die Christen den Vorteil, daß sie sich als schuldig erkennen, ihm dafür zu dienen und gehorsam zu sein

Deshalb sollen wir diesen Artikel täglich üben, uns einprägen. Bei allem, was uns vor Augen kommt und an Gutem widerfährt, auch wenn wir aus Nöten und Gefahr kommen, sollen wir uns daran erinnern, daß Gott uns das alles gibt und tut, damit wir daran sein väterliches Herz und seine überschwengliche Liebe gegen uns spüren und sehen. Davon würde das Herz warm und entzündet werden, dankbar zu sein und alle diese Güter zu Gottes Ehre und Lob zu brauchen
Damit haben wir aufs kürzeste den Sinn dieses Artikels [besprochen], soviel davon zunächst einmal für die einfachen Menschen zu lernen nötig ist: sowohl was wir von Gott haben und empfangen, als auch was wir dafür schuldig sind. Das ist eine gar große, treffliche Erkenntnis, aber ein noch viel höherer Schatz. Denn da sehen wir, wie sich der Vater uns samt allen Kreaturen gegeben hat und wie er uns als allerreichlichste schon in diesem Leben versorgt, abgesehen davon, daß er uns auch sonst noch mit unaussprechlichen, ewigen Gütern durch seinen Sohn und seinen Heiligen Geist überschüttet, wie wir hören werden.

Der zweite Artikel

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Hier lernen wir die zweite Person der Gottheit kennen; so sehen wir, was wir außer den vorher erwähnten zeitlichen Gütern von Gott haben, nämlich wie er sich ganz und gar ausgeschüttet und nichts behalten hat, das er uns nicht gegeben hätte. Dieser Artikel ist nun sehr reich und weit; um es aber auch [ganz] kurz und kindlich zu behandeln, wollen wir uns ein Wort vornehmen und darin seinen ganzen Inhalt zusammenfassen: Man soll nämlich, wie gesagt, daraus lernen, wie wir erlöst worden sind; und [zwar] soll das stehen auf diesen Worten: "An Jesus Christus, unseren Herrn."

Wenn man nun fragt: "Was glaubst du im zweiten Artikel von Jesus Christus?", so antworte aufs kürzeste: "Ich glaube, daß Jesus Christus, wahrhaftiger Gottessohn, mein Herr geworden ist." Was ist nun das: "Ein Herr werden?" Das ist's, daß er mich erlöst hat von der Sünde, vom Teufel, vom Tod und allem Unglück. Denn vorher habe ich keinen Herrn noch König gehabt, sondern bin unter des Teufels Gewalt gefangen, zum Tode verdammt, in der Sünde und Blindheit verstrickt gewesen.
Denn nachdem wir geschaffen waren und Gutes aller Art von Gott dem Vater empfangen hatten, kam der Teufel und brachte uns in Ungehorsam, Sünde, Tod und alles Unglück, daß wir in Gottes Zorn und Ungnade lagen, zu ewiger Verdammnis verurteilt, wie wir es verschuldet und verdient hatten. Da war kein Rat, keine Hilfe noch Trost, bis sich dieser eine und ewige Gottessohn unseres Jammers und Elends aus grundloser Güte erbarmte und vom Himmel kam, um uns zu helfen. So sind nun jene Tyrannen und Stockmeister (Gefängnisaufseher) alle vertrieben und an ihre Stelle ist Jesus Christus getreten als ein Herr des Lebens, der Gerechtigkeit, alles Guten und aller Seligkeit. Er hat uns arme, verlorene Menschen aus der Hölle Rachen gerissen, gewonnen, freigemacht und wieder in des Vaters Huld und Gnade gebracht und hat uns als sein Eigentum unter seinen Schirm und Schutz genommen, um uns durch seine Gerechtigkeit, Weisheit, Gewalt, Leben und Seligkeit zu regieren.

Das sei nun die Zusammenfassung dieses Artikels: Das Wörtlein "Herr" heiße ganz einfach soviel wie "ein Erlöser". Das heißt einen, der uns vom Teufel zu Gott, vom Tod zum Leben, von der Sünde zur Gerechtigkeit gebracht hat und dabei erhält. Die Stücke aber, die nacheinander in diesem [zweiten] Artikel folgen, haben nichts anderes zu tun, als diese Erlösung zu erklären und auszudrücken: wie und wodurch sie geschehen ist, d.h. was sie ihn gekostet, und was er daran gewendet und gewagt hat, um uns zu gewinnen und unter seine Herrschaft zu bringen. Er ist nämlich Mensch geworden, vom Heiligen Geist und der Jungfrau ohne alle Sünde empfangen und geboren, um der Sünde Herr zu sein. Ferner hat er gelitten, ist gestorben und begraben worden, um für mich genugzutun und zu bezahlen, was ich verschuldet habe, nicht mit Silber oder Gold, sondern mit seinem eigenen, teuren Blute; und dies alles dazu, daß er mein Herr würde; denn nichts von dem allem hat er für sich selbst getan noch dessen bedurft. Darnach ist er wieder auferstanden, hat den Tod verschlungen und gefressen, und ist endlich gen Himmel gefahren und hat das Regiment zur Rechten des Vaters übernommen. Nun muß ihm der Teufel und alle Gewalt untertan sein und zu Füßen liegen, so lange, bis er uns endlich am Jüngsten Tag gänzlich von der bösen Welt, von Teufel, Tod, Sünde usw. scheidet und absondert.

Aber alle diese einzelnen Stücke besonders auszulegen, gehört nicht in die kurze Kinderpredigt, sondern in die großen Predigten im Verlauf des ganzen Jahres, besonders in die Zeiten, die dazu bestimmt sind, um einen jeden Artikel eingehend zu behandeln: von Geburt, Leiden, Auferstehung, Himmelfahrt Christi usw. Auch steht das ganze Evangelium, das wir predigen, darauf, daß man diesen Artikel recht erfasse: denn an ihm liegt all unser Heil und unsere Seligkeit, und er ist so reich und weit, daß wir immer genug daran zu lernen haben.

Der dritte Artikel

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige, christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

Diesen Artikel kann ich nicht besser betiteln als - wie gesagt - "Von der Heiligung". Denn in ihm wird der Heilige Geist mit seinem Amt, nämlich, daß er heilig macht, ausgedrückt und abgemalt. Darum müssen wir fußen auf dem Wort "Heiligen Geist", weil es so kurz gefaßt ist, daß man kein anderes finden kann. Denn es ist sonst in der [Heiligen] Schrift von mancherlei "Geist" die Rede, z.B. vom Menschgeist, von himmlischen Geistern und vom bösen Geist. Aber allein Gottes Geist heißt ein Heiliger Geist, d.h. ein Geist, der uns geheiligt hat und noch immer heiligt, Denn wie der Vater ein Schöpfer, der Sohn ein Erlöser heißt, so soll auch der Heilige Geist von seinem Werk her ein Heiliger oder Heiligmacher heißen. Wie aber geht denn dieses "Heiligen" zu? Antwort: Gleichwie der Sohn die Herrschaft erwirbt, durch die er uns gewinnt, durch seine Geburt, sein Sterben und Auferstehen, so richtet der Heilige Geist die Heiligung aus durch die folgenden Stücke, d.h. durch die Gemeinde der Heiligen oder christliche Kirche, durch Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben.

Das bedeutet, daß er uns zuerst in seine heilige Gemeinde führt und in den Schoß der Kirche legt, durch welche er uns predigt und zu Christus bringt. Denn weder du noch ich könnten jemals etwas von Christus wissen oder an ihn glauben und ihn zum Herrn bekommen, wenn es uns nicht vom Heiligen Geist durch die Predigt des Evangeliums angeboten und in den Busen geschenkt würde. Das Werk ist geschehen und ausgerichtet, denn Christus hat uns den Schatz erworben und gewonnen durch sein Leiden, Sterben und Auferstehen usw. Aber wenn das Werk verborgen bliebe, so daß niemand etwas davon wüßte, so wäre es umsonst und verloren. Damit nun dieser Schatz nicht vergraben bleibe, sondern [nutzbringend] angelegt und genossen werde, hat Gott das Wort ausgehen und verkünden lassen, und darin uns den Heiligen Geist gegeben, um uns diesen Schatz und die Erlösung nahezubringen und zuzueignen. Darum ist das "Heiligen" nichts anderes als ein Hinbringen zum Herrn Christus, damit wir da dieses Gut empfangen, zu welchem wir von uns selbst nicht kommen könnten.

So lerne nun diesen Artikel aufs deutlichste verstehen. Wenn man fragt: "Was meinst du mit den Worten: 'Ich glaube an den Heiligen Geist'?" so könntest du antworten: "Ich glaube, daß mich der Heilige Geist heilig macht, wie sein Name es sagt." Womit tut er aber das? Oder was ist seine Weise und sein Mittel dabei? Antwort: "Durch die christliche Kirche, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung des Fleisches, und das ewige Leben." Denn als erstes hat er eine besondere Gemeinde in der Welt, die die Mutter ist, die einen jeden Christen zeugt und trägt durch das Wort Gottes. Das offenbart und treibt der Heilige Geist, er erleuchtet und entzündet die Herzen, daß sie es fassen, annehmen, dran hängen und dabei bleiben.

Denn wenn er's nicht predigen läßt und ihm Herzen erweckt, daß man's faßt, dann ist's verloren, wie das unter dem Papsttum geschehen ist, wo der Glaube ganz unter die Bank gesteckt wurde; niemand hat Christus als einen Herrn erkannt noch den Heiligen Geist als den, der da heilig macht. Das heißt, niemand hat geglaubt, daß Christus so unser Herr sei, der uns ohne unser Werk und Verdienst einen solchen Schatz gewonnen und uns dem Vater angenehm gemacht hat. Woran hat es denn [hier) gemangelt? Daran, daß der Heilige Geist nicht dagewesen ist, der das geoffenbart hätte und es hätte predigen lassen; sondern nur Menschen und böse Geister sind dagewesen, die uns gelehrt haben, durch unsere [eigenen] Werke selig zu werden und Gnade zu erlagen. Darum ist es auch keine christliche Kirche. Denn wo man nicht von Christus predigt, da ist kein Heiliger Geist, der die christliche Kirche macht, beruft und sammelt, außerhalb derer niemand zu dem Herrn Christus kommen kann.
Das sei genug [gesagt] von dem zusammenfassenden Inhalt dieses Artikels; weil aber die Stücke, die im einzelnen darin aufgezählt sind, für die einfachen Menschen nicht so ganz klar sind, wollen wir sie auch kurz durchlaufen.

Die "heilige christliche Kirche" heißt das Glaubensbekenntnis "communio sanctorum" [=] "eine Gemeinschaft der Heiligen". Beide Begriffe umschreiben nämlich ein und dasselbe, aber früher ist das eine Stück [communio sanctorum] nicht dabeigewesen, es ist auch übel und unverständlich verdeutscht mit "eine Gemeinschaft der Heiligen". Wenn man [das Gemeinte] deutlich wiedergeben sollte, so müßte man es auf deutsche Art ganz anders ausdrücken. Denn das Wort "ecclesia" (Kirche) heißt eigentlich auf Deutsch "eine Versammlung"; wir aber sind dafür das Wörtlein "Kirche" gewohnt, das die einfachen Leute nicht von einem versammelten Haufen, sondern von dem geweihten Haus oder Gebäude verstehen. In Wirklichkeit sollte das Haus nur deshalb eine Kirche heißen, weil der Haufen darin zusammenkommt; denn wir, die zusammenkommen, machen und nehmen uns einen besonderen Raum und geben dem Haus nach dem Haufen einen Namen. Somit heißt das Wörtlein "Kirche" eigentlich nichts anderes als eine allgemeine Versammlung; und zwar ist es seiner Herkunft nach nicht deutsch, sondern griechisch wie auch das Wort "ecclesia". Die Griechen heißen es nämlich in ihrer Sprache "kyria", wonach man es auch lateinisch curia nennt. Darum sollte es auf rech Deutsch und in unserer Muttersprache heißen: "eine christliche Gemeinde oder Versammlung", oder am allerbesten und klarsten: "eine heilige Christenheit".

Ebenso müßte auch das Wort "communio", das darangehängt ist, nicht "Gemeinschaft", sondern "Gemeinde" heißen. Daraus haben die Unseren, die weder lateinisch noch deutsch gekonnt haben, "Gemeinschaft der Heiligen" gemacht, was doch die deutsche Sprache nirgends so sagt und versteht. Wollte man aber recht Deutsch reden, so müßte es heißen: "eine Gemeinde der Heiligen", d.h. eine Gemeinde, in der lauter Heilige sind, oder noch klarer: "eine heilige Gemeinde". Das sage ich dazu, daß man die Worte verstehe; es ist nun einmal so als Gewohnheit eingerissen, daß es schwerlich wieder herauszureißen ist, und es soll gleich eine Ketzerei sein, wenn man nur ein Wort ändert.

Das ist aber die Meinung und er zusammenfassende Inhalt dieses Zusatzes: Ich glaube, daß es ein heiliges Häuflein und eine [heilige] Gemeinde auf Erden gibt, aus lauter Heiligen unter einem Haupt, Christus, durch den Heiligen Geist zusammenberufen, in einem Glauben, Sinn und Verständnis; mit mancherlei Gaben, jedoch einträchtig in der Liebe, ohne Rotten und Spaltung. Von dieser [Gemeinde] bin ich auch ein Stück und Glied, aller Güter, die sie hat, bin ich teilhaftig und Mitgenosse. Durch den Heiligen Geist bin ich in sie gebracht und ihr einverleibt dadurch, daß ich Gottes Wort gehört habe und immer noch höre; damit nämlich muß es anfangen, wenn man hineinkommen will. Denn vorher, ehe wir zu [dieser Gemeinde] gekommen sind, sind wir ganz [Eigentum] des Teufels gewesen als solche, die von Gott und von Christus nichts gewußt haben. So bleibt der Heilige Geist bei der heiligen Gemeinde oder Christenheit bis auf den Jüngste Tag; durch sie holt er uns heran und sie gebraucht er dazu, das Wort zu führen und zu treiben. Dadurch bewirkt und mehrt er die Heiligung, damit wir täglich zunehmen und stark werden im Glauben und seinen Früchten, die er schafft.

Sodann glauben wir weiter, daß wir in der Christenheit Vergebung der Sünden haben. Das geschieht durch die heiligen Sakramente und durch die Absolution (Lossprechung von Schuld), auch durch allerlei Trostsprüche im ganzen Evangelium. Hierher gehört darum alles, was von den Sakramenten zu predigen ist, und überhaupt das ganze Evangelium und alle Ämter der Christenheit. Auch hier ist es nötig, daß dies ohne Unterlaß fortgehe; denn obwohl Gottes Gnade durch Christus erworben und die Heiligkeit durch den Heiligen Geist gemacht ist durch Gottes Wort innerhalb der Vereinigung der christlichen Kirche, so sind wir doch niemals ohne Sünde unsers Fleisches wegen, das wir immer noch am Hals tragen. Darum ist alles in der Christenheit dazu bestimmt, daß man da täglich durch Wort und Zeichen lauter Vergebung der Sünden hole, um unser Gewissen zu trösten und aufzurichten, solange wir hier leben. So macht es der Heilige Geist, daß, obgleich wir Sünde haben, sie uns [doch] nicht schaden kann. Denn wir leben in der Christenheit, in der lauter Vergebung der Sünden ist, in dem doppelten Sinn, daß uns Gott vergibt, und daß wir uns untereinander vergeben, tragen und aufhelfen. Außerhalb der Christenheit aber, wo das Evangelium nicht ist, da ist auch keine Vergebung, wie auch keine Heiligkeit da sein kann. Darum haben sich alle die selber hinausgeworfen und abgesondert, die nicht durchs Evangelium und durch die Vergebung der Sünden, sondern durch ihre eigenen Werke Heiligkeit suchen und verdienen wollen.

Unterdessen aber, weil die Heiligkeit angefangen hat und täglich zunimmt, warten wir darauf, daß unser Fleisch hingerichtet und mit allem Unflat verscharrt werde, aber herrlich hervorkomme und auferstehe zu ganzer und völliger Heiligkeit in einem neuen, ewigen Leben. Denn jetzt bleiben wir halb und halb rein und heilig, damit der Heilige Geist immer an uns arbeitet durch das Wort und täglich Vergebung austeilt bis in jenes Leben, wo es keine Vergebung mehr geben wird, sondern ganz und gar reine und heilige Menschen: voller Frömmigkeit und Gerechtigkeit, der Sünde, dem Tode und allem Unglück entnommen und ledig [von ihnen], in einem neuen, unsterblichen und verklärten Leib. Sieh, das alles soll des Heiligen Geistes Amt und Werk sein: auf Erden fängt er die Heiligkeit an und mehrt sie täglich durch die zwei Stücke, die christliche Kirche und die Vergebung der Sünde; wenn wir aber verwesen, wird er in einem Augenblick es ganz vollführen und uns ewig dabei erhalten durch die letzte zwei Stücke. Daß aber hier "Auferstehung" des Fleisches steht, das ist auch nicht gut Deutsch geredet. Denn wenn wir Deutschen "Fleisch" hören, denken wir nicht weiter als an die Fleischerläden. Auf recht Deutsch aber würden wir so sagen: "Auferstehung des Leibes oder Leichnams". Doch kommt darauf nicht viel an, wenn man nur die Worte recht versteht.

Das ist nun derjenige Artikel, der immerfort wirksam sein und bleiben muß. Denn die Schöpfung haben wir nun hinter uns, ebenso ist auch die Erlösung ausgerichtet; aber der Heilige Geist treibt sein Werk ohne Unterlaß bis zum Jüngsten Tag. Dazu verordnet er auf Erden eine Gemeinde, durch die er alles redet und tut. Denn er hat seine Christenheit noch nicht vollständig zusammengebracht und hat die Vergebung noch nicht ganz ausgeteilt. Darum glauben wir an den, der uns täglich durch das Wort herzuholt und der durch dasselbe Wort und durch die Vergebung der Sünden den Glauben gibt, mehrt und stärkt, um uns dann, wenn das alles ausgerichtet ist und wir dabei bleiben, der Welt und allem Unglück absterben, endlich völlig und ewig heilig zu machen. Darauf warten wir jetzt im Glauben durchs Wort.

Abschluß der drei Glaubensartikel

Sieh, da hast du das ganze göttliche Wesen, Willen und Werk mit ganz kurzen und doch reichen Worten aufs allerfeinste abgemalt. Darin besteht unsere ganze Weisheit, die über alle Weisheit, Sinn und Vernunft von Menschen hinausgeht und schwebt. Denn obwohl alle Welt mit allem Fleiß darnach getrachtet hat, was doch Gott sei und was er im Sinne habe und tue, so hat sie doch nichts von alledem jemals zu erlangen vermocht. Hier aber hast du es alles aufs allerreichlichste. Denn hier, in allen drei Artikeln, hat er den tiefsten Abgrund seines väterlichen Herzens und seiner ganz unaussprechlichen Liebe selbst geoffenbart und aufgetan. Denn er hat uns eben dazu geschaffen, um uns zu erlösen und zu heiligen, und außer dem, was er uns alles gegeben und eingeräumt hat, was im Himmel und auf Erden ist, hat er uns auch noch seinen Sohn und seinen Heiligen Geist gegeben, um uns durch sie zu sich zu bringen. Denn wir könnten, wie oben erklärt nimmermehr dazu kommen, des Vaters Huld und Gnade zu erkennen, ohne durch den Herrn Christus. Er ist ein Spiegel des väterlichen Herzens; ohne ihn würden wir nichts als einen zornigen und schrecklichen Richter sehen. Von Christus aber könnten wir auch nichts wissen, wenn es nicht durch den Heiligen Geist geoffenbart wäre.

Darum unterscheiden und sondern diese Glaubensartikel uns Christen von allen andern Leuten auf Erden. Denn die außerhalb der Christenheit sind, seien es Heiden, Türken, Juden oder falsche Christen und Heuchler, mögen zwar nur einen wahrhaftigen Gott glauben und anbeten, aber sie wissen doch nicht, wie er gegen sie gesinnt ist. Sie können von ihm auch weder Liebe noch etwas Gutes erhoffen; deshalb bleiben sie in ewigem Zorn und Verdammnis. Denn sie haben den Herrn Christus nicht und sind auch mit keinen Gaben durch den heiligen Geist erleuchtet und begnadet.

Daraus siehst du nun, daß das Glaubensbekenntnis eine gar sehr andere Lehre ist als die der zehn Gebote. Denn jene lehrt wohl, was wir tun sollen, diese aber sagt, was Gott uns tut und gibt. Die zehn Gebote sind auch ohnedies in aller Menschen Herzen geschrieben, das Glaubensbekenntnis dagegen kann keine menschliche Klugheit begreifen: es muß allein vom Heiligen Geist gelehrt werden. Jene Lehre [der zehn Gebote] macht darum noch keinen Christen; es bleibt noch immer Gottes Zorn und Ungnade über uns, weil wir's nicht halten können, was Gott von uns fordert. Diese Lehre [des Glaubensbekenntnisses] dagegen bringt lauter Gnade, macht uns fromm und Gott angenehm. Denn durch die hier gegebene Erkenntnis bekommen wir Lust und Liebe zu allen Geboten Gottes, weil wir hier sehen, wie sich Gott ganz und gar mit allem, was er hat und vermag, uns zur Hilfe und zum Beistand gibt, damit wir die zehn Gebote halten können: der Vater schenkt alle Kreaturen, Christus alle seine Werke, der Heilige Geist alle seine Gaben.

Damit sei jetzt genug vom Glaubensbekenntnis gesagt, um einen Grund zu legen für die einfachen Leute, um sie nicht zu überladen. Denn wenn sie erst den Gesamtinhalt davon verstehen, sollen sie selbst dem weiter nachtrachten und alles, was sie in der [Heiligen] Schrift lernen, hierherbeziehen und so in reicherem Verständnis immerfort zunehmen und wachsen. Denn wir haben doch täglich, so lange wir hier leben, daran zu predigen und zu lernen.


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