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Inhaltsverzeichnis
0. VorredeEs soll dieser Vortrag nicht mit Präliminarien belastet werden, in denen so lange grundsätzliche Dinge geklärt werden, bis die Zuhörer keine Lust mehr haben, zu hören, worum es eigentlich geht. Doch müssen einige Dinge vorausgeschickt werden. 0.1. Keine falschen Erwartungen0.1.1. Nichts NeuesWer die im HAStA erschienenen Bücher gelesen hat, erwarte keine sensationellen neuen Erkenntnisse! Daß Wiederholung auch in der Kirche die Mutter manches Guten ist, wußte schon der hl. Paulus, der vor denen warnte,
und an die Philipper schrieb:
Gewißheit zu stärken und mitzuhelfen, daß jeder hier Festigkeit gewinnt, ist ein durchaus ehrenwertes Ziel der Theologischen Tagungen unseres Hochkirchlichen Apostolats. Das Thema „Die Apg als hochkirchliches Dokument“ ist zu umfänglich und der Referent zu unvermögend, als daß jemand hier eine wirklich tiefschürfende Exegese in Frage kommenden biblischer Texte erwarten darf. Es geht lediglich darum, auf einige Dinge aufmerksam zu machen. Es soll also nur auf solche Stellen aus der Apg hingewiesen werden, die hochkirchlich bedeutsam zu sein scheinen. Dabei mag die Auswahl der besprochenen Bibelstellen mehr oder weniger willkürlich erscheinen – und sie ist es gewiß auch. Aus der Intensität, mit der die verschiedenen Bibelstellen besprochen werden, kann keineswegs auf ihre Bedeutung für die evangelisch-hochkirchliche Theologie geschlossen werden. In diesem Vortrag werden also nicht alle hochkirchlich bedeutsamen Stellen Berücksichtigung finden können und die aufgezeigten Schriftworte werden auch nicht in jede nur denkbare Richtung hin ausgelegt. Ein Ziel dieser Tagung neben der Festigung der Gewißheit ist es auch schließlich, zum Augen-offen-halten, zum Selber-Suchen und zum Weiterdenken anzuregen. 0.2. Hochkirchlich?Es geht hier nicht um die Apg „an sich“, sondern um die Apg „als hochkirchliches Dokument“. Was die Apg ist muß man kaum jemandem erläutern. Aber was genau sich hinter dem Wort „hochkirchlich“ verbirgt, ist nicht immer allen klar. Es genügt für unsere Zwecke heute die Definition des Brockhaus, in der es zum Stickwort „hochkirchliche Bewegung“ unter anderem heißt:
„Amt in apostolischer Sukzession“ – „Gottesdienst“– „Sakramente“: um diese drei Dinge geht es der „Hochkirchlichen Bewegung“ besonders. Ihr besonderes Kennzeichen im Unterschied zu rein liturgischen Bewegungen ist dabei m. E. die „hohe Wertschätzung des durch apostolische Sukzession übertragenen geistlichen Amtes“. In diesem Vortrag wird gelegentlich der Begriff „katholisch“ verwandt. Es sei darauf hingewiesen, daß das nie als konfessionelle Bezeichnung gemeint ist. Der Begriff „katholisch“ wird hier nie mit „römisch“ gleichgesetzt, sondern immer im ursprünglichen Sinn: „allumfassend“ bzw. „gesamtchristlich“ verstanden. Wenn jedoch die „Römisch-Katholische Kirche“ gemeint ist, dann wird sie auch ausdrücklich als „Römisch-Katholische Kirche“ bezeichnet. Bibelstellen werden, wenn es nicht anders angegeben ist, nach dem 1984 revidierten Luthertext zitiert. 0.3. Selektive Bibellektüre?Mancher, der hochkirchlichen Anliegen nicht wohlgesonnen ist, könnte uns vielleicht vorwerfen, daß wir ja doch nur in der Apg lesen, um unsere vorher gefaßten Ansichten nachträglich von der hl. Schrift bestätigen zu lassen. Auf solche Vorwürfe erwidern wir, daß wir natürlich wissen, daß in der Apg viel mehr zu finden ist, als die Dinge, die uns besonders am Herzen liegen. Doch eben diese Dinge zu finden, lassen wir uns von niemand verbieten. Wir aber bitten Gott um ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge, denn beides macht der HERR[4]: Schüler der Heiligen Schrift sind wir, gib o Herr, daß wir es bleiben vor Dir.[5] Kap 11.1. Vers 1: Alles, von Anfang an, sorgfältig und in guter Ordnung
So beginnt die Apg. Lukasevangelium und Apg gehören zusammen. Lukas knüpft zu Beginn der Apg an sein Evangelium an. Natürlich soll heute das Evangelium nach Lukas nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Nichtsdestoweniger erscheint es mir notwendig, auf den Beginn des lukanischen Doppelwerkes, „den ersten Bericht“, hinzuweisen. Denn dort sagt der Evangelist Lukas, daß es ihm gut erschienen sei, nachdem er alles[6] von Anfang an[7] sorgfältig[8] erkundet hatte, es dem Theophilus (und uns), in guter Ordnung[9] aufzuschreiben. Da diese Vorrede des Lukasevangeliums nicht nur dem Evangelium voransteht, sondern dem ganzen Doppelwerk, gehen wir davon aus, daß Lukas nicht nur für sein Evangelium, sondern auch für die Apg sorgfältig recherchiert hat. Darum lesen wir auch die Apg voll Vertrauen darauf, daß hier alles von Anfang an sorgfältig erkundet und in guter Ordnung aufgeschrieben wurde. Lukas schreibt in seinem Doppelwerk nicht über Mythen, sondern über handgreifliche Fakten und nachprüfbare Tatsachen, die in Raum und Zeit geschehen sind. 1.2. Vers 2: Die erwählten Apostel
Schon im Vers 2 des 1 Kapitels werden in der Apg zum ersten Mal die Apostel erwähnt. Gleich bei der ersten Nennung wird besonders darauf hingewiesen, daß der Herr sie erwählt hat. Sie sind nicht von einer Jüngerversammlung beauftragt worden und auch keine Delegierten einer irgendwie organisierten oder unorganisierten „Basis“. 1.3. Vers 3: Die leibliche Realität des Christusgeschehens
Besonders das Lukasevangelium bezeugt sehr massiv die leibliche Auferstehung.[10] Was hat aber die leibliche Auferstehung mit dem hochkirchlichen Anliegen zu tun? Wenn man mich gelegentlich fragte, was das hochkirchliche Anliegen sei, antwortete ich gerne kurz und sagte:
Was damit gemeint ist, beschreibt einer unserer hochkirchlichen Väter, Bischof Helmut Echternach, in einem seiner Bücher. Die Zeit des Märtyrers Ignatius glich der unseren:
Warum eine solche „Vergeistigung“ tatsächlich un-christlich ist, begründet Echternach so:
und:
Bis hierhin werden ihm gewiß viele folgen. Jedoch denkt ein hochkirchlicher Evangelischer bei dem „Eingehen Gottes in die irdische Wirklichkeit“ nicht nur an den einen und einmaligen heilsgeschichtlichen Zeitpunkt, als unser Herr „Fleisch angenommen (hat) durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und Mensch geworden“ ist. Er denkt zu Recht auch an die Kirche. Echternach schreibt über sie:
Die Leiblichkeit Gottes in der Welt ernst zu nehmen, bedeutet einerseits die Glaubensgeheimnisse ernst zu nehmen, derer die Kirche am 25. März und am 25. Dezember gedenkt, aber andererseits auch die Kirche als den Leib (!) Christi und das, was damit zusammenhängt, zum Beispiel Amt und Sakramente:
Wir betrachten die Betonung der „Leiblichkeit Gottes in der Welt“ bei Lukas cum grano salis als Beleg einer auch „hochkirchlichen Prägung“ der Apg. 1.4. Verse 3-8: Reich Gottes und Kirche
Die Jünger fragten nach dem Reich für Israel, dem sichtbaren und endgültigen Kommen des Reiches Gottes. Jesus aber sprach von der Kirche.
Dem 1908 exkommunizierten französische Priester, Religionshistoriker und Religionsphilosoph Loisy [lwa'zi], der sich schließlich ganz vom Christentum abwandte und sich einer ethischen Humanitätslehre zuwandte, wird der Spruch zugeschrieben:
In einem Vortrag, in dem lediglich Hinweise auf hochkirchlich bedeutsame Stellen der Apg gegeben werden sollen, ist es leider nicht möglich, ausführlich auf das Verhältnis zwischen Reich Gottes und Kirche einzugehen. Nur soviel sei gesagt: Das Reich Gottes wurde von Jesus als zukünftig angekündigt, als er seine Jünger lehrte, um das Kommen dieses Reiches zu bitten.
Es wurde von Ihm aber auch als
gegenwärtig verkündigt. Als Pharisäer Ihn fragten, wann das Reich Gottes
käme, sagte Er ihnen, daß das Reich Gottes in ihrer Mitte sei[16]
– ein Ausspruch, den wiederum nur Lukas überliefert hat. Der Auslegung, daß
Jesus damit gemeint habe, das Reich Gottes sei inwendig in den Herzen der
Christen, folge ich nicht. Jesus sagte das ja nicht zu seinen Jüngern, sondern
zu Pharisäern. Dort, wo Jesus Christus ist, ist aber nicht nur das Reich Gottes, sondern auch die Kirche. Wir erinnern uns an das bekannte Wort des Märtyrerbischofs Ignatius:
Eine einfache Gleichsetzung von Reich Gottes und Kirche geht gewiß nicht auf. Desungeachtet wollen wir festhalten, daß dort, wo Christus Jesus ist, das Reich Gottes ist, aber eben auch die allumfassende, die katholische Kirche. Auf einen Nebenzug dieses Textes möchte ich noch hinweisen. Jesus sagte den Aposteln:
Es versteht sich von selbst, daß die, denen dieses Wort gesagt wurde, nicht selbst Zeugen in allen Ländern der Erde sein konnten. Keiner der Apostel kam (soviel wir wissen) je nach Germanien oder Grönland, ganz zu schweigen von Australien oder Amerika. Hatte sich Jesus also geirrt, als er Seinen Hörern damals die Zusage gab, daß sie in der ganzen Welt Seine Zeugen sein würden? Nein, natürlich nicht! Denn Jesus redete hier selbstverständlich von den Aposteln und ihren Nachfolgern. In dieser einen kurzen Verheißung finden wir also schon – unausgesprochen – den Gedanken der apostolischen Sukzession. 1.5. Verse 12-14: Die sichtbare Kirche
Das scheint nun kein ausdrücklich hochkirchlicher Topos zu sein, es sei denn, man versuchte, hier auf Biegen und Brechen das Stundengebet zu finden – was wir allerdings nicht tun! Aber es sei der kleinen
hochkirchlichen Bewegung aber zum Trost gesagt und zur Nachahmung empfohlen: Die
ersten Christen beteten! Sie spuckten nicht in die Hände, sondern falteten sie.
Sie waren keine Macher, sondern Beter! Die Kirche wird uns hier als sichtbar vor Augen gestellt. Es gibt nicht nebeneinander eine sichtbare, empirische (Amts-)Kirche und – davon völlig unterschieden und daneben– eine andere, unsichtbare Kirche (des Geistes). Die Eine wahre Kirche ist zugleich sichtbar und unsichtbar. Die verborgene Kirche des Hl. Geistes ist offenbar wie eine Stadt auf dem Berge. Gesehen wurde schon damals nur eine religiöse Gruppierung, wie es sie viele gab und gibt. Geglaubt wird sie gegen den Augenschein als die Eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche. Der behandelte Abschnitt nötigt uns eigentlich auch zu einer Stellungnahme bezüglich des Petrusamtes, denn hier, wie in allen anderen Apostellisten steht der Apostel Petrus gewiß nicht ohne Grund am Anfang. Eine ausführliche Darlegung der Haltung der evangelischen hochkirchlichen Bewegung zum Petrusamt ist hier allerdings aus Zeitgründen leider nicht möglich. Ich verweise auf frühere Theologische Tagungen unseres "Hochkirchlichen Apostolats St. Ansgar", auf denen dieses Thema behandelt wurde. Auch eine tiefergehende Beschäftigung mit Maria, der „Mutter Jesu“ wie sie hier genannt wird, währe lohnenswert und notwendig, kann aber hier nicht erfolgen. Auch hier weise ich auf frühere Tagungen hin. Maria wird in der Apg nur dieses eine Mal erwähnt. Es drängt sich ein Vergleich mit den Extremen der heutigen Zeit auf. Mancher römisch-katholischen Kreise reden anscheinend nur noch von Maria, manche Evangelikalen gar nicht mehr. Bei den einen ist sie zur Unperson geworden, deren Name bei Strafe der Ächtung nicht in den Mund genommen werden darf. Bei den anderen wird sie schier zur Göttin. Die kleine hochkirchliche Bewegung sollte hingegen alle Extreme vermeiden und es auch aushalten, zwischen den Stühlen ungesunder Übertreibungen zu sitzen. Das gehört zu dem Kreuz, das zu tragen ihr aufgegeben ist. Als unser Herr an Seinem Kreuze hing, hing er auch zwischen Himmel und Erde – sozusagen „zwischen den Stühlen“ – und hielt es aus. Bequem war es nicht, aber notwendig. 1.6. Verse 15 – 26: Die Wahl des Matthias1.6.1. Jünger und Apostel
Es war eine Menge von etwa 120 Personen beisammen! Und das bereits vor der pfingstlichen Ausgießung des Hl. Geistes! Es sei darum hier wieder einmal darauf hingewiesen, daß die Kirche von Anfang an aus mehr als den Aposteln des Herrn bestand. Für gewöhnlich wird nämlich folgende Gleichung aufgemacht:
Was ist dazu zu sagen?
Man kann sich den Kreis der Jünger Jesu durchaus als drei konzentrische Kreise vorstellen:
Daß Jesus innerhalb Seiner Jünger „Unterschiede“ gemacht hat, ist zwar wahr, wird aber von einer Zeit, die von den Idealen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ geprägt ist, als skandalös empfunden. Wer auf diesen klaren biblischen Befund hinweist, muß sich auf böse Reaktionen gefaßt machen. 1.6.2. Klerus
Bemerkenswert ist, daß hier im Urtext das Wort „Los“ vorkommt. Das wird allerdings nur in der Elberfelder Übersetzung deutlich: Petrus sagte nach dieser Übersetzung über Judas:
„Los“ ist also nicht nur eine Bezeichnung für das, was man gemeinhin „Los“ nennt, ein Lotterielos etwa, sondern hier eine Bezeichnung für das „Amt“, das jemand empfangen hatte. Interessant ist das vor allem darum, weil das griechische Wort für „Los“ „kleros“ ist. Bis heute spricht man vom „Klerus“, wenn man die Amtsträger der Kirche meint. Zum Klerus gehört, wer das „Los eines Dienstes“ empfangen hat. Das "Los" kommt aber noch einmal vor:
Ein Losentscheid in solch wichtiger Sache erscheint uns anrüchig zu sein: Um es ganz drastisch auszudrücken: Eine Lotterie um ein kirchliches Amt zu veranstalten und die Besetzung so wichtiger Positionen sozusagen mit einem Glücksspiel zu verbinden, das ist etwas, was uns nicht so recht schmecken will. Aber gerade das Wort „Glücksspiel“, das in diesem Zusammenhang auftaucht, lenkt unseren Blick auf eine wichtige Tatsache: Auf einen Gewinn in einer Lotterie, an der man teilnimmt, hat man keinen Rechtsanspruch. Weder dadurch, daß man sich freiwillig zur Teilnahme entschließt als auch nicht dadurch, daß man einen „inneren Drang“ verspürt, zu gewinnen. Ebenso ist es auch mit dem kirchlichen Amt. Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf. 1.6.3 Apostel und Bischöfe
Dies ist die einzige Berufung in ein kirchliches Amt durch Losentscheid im NT. Später wurden Amtsträger nicht durch Losentscheid gefunden, sondern durch die Apostel in ihr Amt eingesetzt. Da drängt sich nun wie von selbst die Frage auf: Was aber, wenn es keine Apostel mehr gibt? Daß nämlich für einen ausgeschiedenen Apostel Ersatz gefunden wurde, wird nur hier in Apg 1 berichtet, wo an die Stelle des Verräters Judas ein anderer tritt. Nachdem aber der Apostel Jakobus auf Veranlassung des Herodes Agrippa mit dem Schwert hingerichtet worden (Apg 12,1-2), berichtet die Hl. Schrift keineswegs davon, daß nun wieder einen Nachwahl stattgefunden hätte und erneut ein „neuer“ Apostel gesucht worden wäre. Gleichwohl ist es jedoch so,
wie bereits unter 1.4. dargelegt, daß das Apostelamt auf Nachfolge angelegt ist.
Nachfolger der Apostel sind allerdings nicht "neue" Apostel, sondern die "Bischöfe".
Im Vers 25 ist vom „Apostelamt“
die Rede, das Judas Iskariot verlassen hat. Im griechischen Urtext des Neuen
Testamentes steht hier "apostolé". Petrus zitiert sich in seiner Ansprache im Vers 20 auf ein alttestamentlichen Zitat. Luther übersetzt so:
Die alttestamentliche Stelle, die Petrus hier in seiner Rede zitiert, spricht allerdings nicht etwa generell von einem allgemeinen „Amt“, sondern eben sehr speziell von einer episkopé, einem „Aufseheramt“. Die Elberfelder Übersetzung übersetzt den griechischen Urtext des Neuen Testamentes wieder genauer als Luther. Petrus sagte nicht: "Sein Amt empfange ein anderer", sondern:
Matthias, der
das von Judas verlassene Apostelamt (apostolé) übernehmen soll, erhält ein
Aufseheramt (episkopé)! Es wird allerdings gelegentlich
eingewandt, daß als Bedingung für die Amtsnachfolge in Apg 1,21-22 ausdrücklich die Augenzeugenschaft genannt wurde?
Der Amtsnachfolger eines Apostels muß demnach "Zeuge der Auferstehung Jesu"
sein. Weil das für einen heutigen, zeitgenössischen Menschen, der damals eben nicht
"dabei" war, gar nicht mehr möglich sei, könnten angeblich die Bischöfe heute auch nicht die
Amtsnachfolger der Apostel sein. 1.6.4 NotwendigkeitDie apostolische Sukzession ist keine nebensächliche Spielerei. Petrus sprach ausdrücklich von einer absoluten Notwendigkeit, als er in Vers 21 sagte:
Wir finden hier, wie etwa auch in Lk 9,22 oder in 24,7.44, das „göttliche Muß“ ( grie.: deĩ). Es ist für evangelische Christen erstaunlich, wie wichtig für die junge Kirche die apostolische Nachfolge war. Neben dem Gebet betraf die erste Aktivität der Urkirche, von der die Apostelgeschichte berichtet, die apostolische Sukzession. Wer das als unwichtig abtun möchte, der tue es. Wir können es nicht verhindern. Er wisse aber: Es kann nicht ohne dramatische Auswirkungen bleiben, daß das, was als so überaus wichtig beschrieben wird, heute verpönt ist und als sektiererisch verschrien wird. Wir aber sollten Gott danken dafür, daß Er auch Seine evangelische Christenheit in diesen Tagen der beginnenden Endzeit nicht vergessen hat und wenigstens in kleinen Kreisen gutwilliger evangelischer Christen offene Ohren gefunden hat. Kap 22.1. Verse 37 – 47: “Entstehung der Gemeinde“?Auf Vers 38 wird später im Zusammenhang mit der Konfirmation der Einwohner Samarias eingegangen werden.
Für gewöhnlich heißt es, daß hier die "Entstehung" der christlichen Kirche geschildert wird. So wird zum Beispiel in der 1984iger Lutherbibel dieser Abschnitt mit „Die erste Gemeinde“ überschrieben und in der Elberfelder mit „Die Entstehung der Gemeinde“. Übersetzungen, an denen römisch-katholische Übersetzungen mitgewirkt haben, haben allerdings Überschriften, die nicht davon ausgehen, daß hier die Gründung der Kirche beschrieben wird. Und das aus gutem Grund! Denn Lukas schreibt, daß die Dreitausend „hinzugefügt“ wurden. Damit meint er doch gewiß: hinzugefügt zur Kirche, die mithin als schon bestehend gedacht wird. Denn hinzugefügt kann man nur zu etwas werden, was schon vor dem Hinzufügen da war. Lukas schreibt ausdrücklich nicht, daß sich die Menschen zur Gemeinde zusammenschlossen hätten! Die Überschriften in den verschiedenen Bibelübersetzungen sind nicht inspiriert. Aber sie sind gelegentlich verräterisch. Es gibt Gründe dafür, daß protestantische Übersetzer den Versen Apg 2, 37ff. genau die Überschriften gegeben haben, die sie nun tragen. Dahinter steckt nämlich eine falsche und unbiblische „Von-unten-nach-oben-Ekklesiologie": Menschliche Entscheidung und freier menschlicher Wille „gründen“ die Gemeinde wie einen weltlichen Verein. Die Gemeinde wird als von den Mitgliedern her geschaffene und als die von ihren Mitgliedern her begründete menschliche Gemeinschaft verstanden. Alle Macht geht vom Volke aus. Die radikale Konsequenz des Vereinsprinzips ist, daß der Wille der Gemeinde dann oberste Autorität ist. Der Mehrheitswille der Mitglieder (bzw. der durch sie gewählten Vertreter) ist oberstes Gesetz. Die von unten nach oben gebaute Vereinskirche bzw. die Gemeinde als von den Mitgliedern her konstituierter Verein kennt Amtsträger nur als „Angestellte“, Befehlsempfänger und Funktionäre der Mehrheit. Bezeichnen möchte ich die Meinung, daß die Kirche von unten nach oben gebaut wird, als das „demokratische Vereins-Prinzip“: Im Gegensatz dazu kennt das Neue Testament nicht den Aufbau der Gemeinde von den Gliedern her, sondern vom Haupte, von Christus her. Nicht von unten nach oben, sondern von oben nach unten. Gemeinde ist nicht dort, wo Mitglieder sich wie zu einem Verein zusammenschließen, sondern wo Gott durch den Dienst Seiner Knechte an Wort und Sakrament Sein Volk sammelt und einzelne „hinzufügt“ zum Leib Christi, der immer schon da ist. Von Christus her über das von Ihm gestiftete Amt wird die Gemeinde gebaut und geführt. Nur als solche von oben her gebaute und geführte Gemeinschaft ist sie Gemeinde Gottes im biblischen Sinn.[22] 2.2. Vers 42: Das, worauf es ankommt
Unmittelbar nach dem Abschluß des Berichtes über die Pfingstereignisse und der Taufe der dreitausend Neubekehrten berichtet Lukas in der Apostelgeschichte von der bleibenden Grundordnung des christlichen Lebens. Lehre der Apostel, Gemeinschaft, Brechen des Brotes und Gebeten sind allerdings völlig unspektakulär. Es ging nicht weiter mit Sturm und Feuerzungen. Diese Nüchternheit ist heilsam. Das Leben der Kirche und der Gläubigen kann nicht darin bestehen, daß das Außerordentliche verzweifelt gesucht oder krampfhaft festgehalten wird. Nicht an das Außer-Ordentliche hielten sich die erste Christen, sondern an das Ordentliche, an die Dinge, die Gott ihr für ihr Leben in dieser Welt gegeben hat. Vielleicht wird es den einen oder anderen verwundern, daß im folgenden die Apostellehre, die Gemeinschaft, das Brotbrechen und das Gebet nur relativ kurz abgehandelt werden. Ich will jedoch besonders auf den Begriff „beständig bleiben“ aufmerksam machen. Das Wort, das Luther hier mit ‘“beständig bleiben“ übersetzt (proskarteréo), bedeutet im Griechischen „hartnäckig an etwas festhalten“, „nicht nachlassen - auch wenn es schwer fällt“, „Strapazen auf sich nehmen“, „sich emsig beschäftigen“, „dauernd bedacht sein“. Es gab also Dinge, an denen die Urgemeinde hartnäckig festgehalten hat, weil sie wußte, daß davon ihr geistliches Leben und ihr Fortbestand abhängt. Der Teufel weiß natürlich, wie gefährlich die in Apg 2,42 aufgezählten Dinge für ihn sind. Er wird sie uns also nicht auf einem silbernen Tablett servieren. Wir müssen darum kämpfen, kurz: das tut, was die Bedeutung des Wortes proskarteréo ist. Das hartnäckige Festhalten an der Lehre der Apostel, an der Gemeinschaft der Heiligen, dem Hl. Abendmahl und den Gebeten ist kein Sonderpfündlein einiger weniger hochkirchlicher Exoten, sondern Recht und Pflicht aller Christen. Wo wollen die bleiben, die diese Dinge verachten und von sich stoßen? Wo die, die diese vier Dinge verderben und mit ihnen die ganze Kirche? 2.2.1. Lehre der ApostelEs heißt in Apg 2,42 nicht, daß die ersten Christen beständig beim Bibellesen blieben. Abgesehen davon, daß es den Kanon des NT noch gar nicht gab und Analphabeten dann um ihr Seelenheil fürchten müßten, ist der Begriff „in der Lehre der Apostel bleiben“ viel präziser als der Ausdruck „in der Bibel lesen“. Denn wer die Bibel liest, muß deswegen noch lange nicht in der Lehre der Apostel bleiben. Entscheidend ist aber eben nicht, ob man in der Bibel liest, sondern ob man in der Lehre der Apostel bleibt. 2.2.2 GemeinschaftDer Ausdruck „Gemeinschaft der Heiligen“ (Communio sanctorum), den wir im Apostolikum finden,) hat bekanntlich zwei Bedeutungen, die eng miteinander zusammenhängen: „Gemeinschaft an heiligen Dingen“ [sancta] und „Gemeinschaft zwischen heiligen Personen“ [sancti]. Beide Deutungen widersprechen einander nicht: Gemeinschaft der Heiligen gibt es nur durch Gemeinschaft am Heiligen. Und: Gemeinschaft am Heiligen habe ich nur inklusive der Gemeinschaft mit anderen Heiligen. Zur Gemeinschaft der Heiligen gehört darum gewiß auch die Diakonie, von der Echternach schreibt:
Lk schreibt in diesem Abschnitt von den ersten Christen:
Er schreibt dann nachfolgend ausdrücklich von der Gemeinschaft an materiellen Gütern. Doch würde ich nicht zögern, dies auch auf die geistlichen Gaben im weitesten Sinne zu beziehen. Denn:
Damit meint Paulus zudem gewiß nicht nur die sogenannten Geistesgaben, sondern auch die das kirchliche Amt. Denn nicht im Hervortreten ihrer eigenen Person, und auch nicht im eigenen Blühen und Gedeihen liegt der Ruhm der Amtsträger, sondern im Hervortreten, Blühen und Gedeihen jener, die ihrer priesterlichen Sorge anvertraut sind. Nichts besitzt ein Christ, was er nicht auch für ein Gemeingut aller zu halten hat. Einerlei, ob es um die Gemeinschaft an geistlichen oder leiblichen Gütern geht – es gilt einander zu dienen, "ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes"[25]. Zur Gemeinschaft der Heiligen gehören nicht nur die Gläubigen auf Erden, sondern - wie der Hebräerbrief es ausdrückt - auch "die Geister der vollendeten Gerechten" (Hebräer 12,23). Es wäre eigentlich nötig, hier nun ausführlicher etwas zur Verehrung der Heiligen zu sagen, die ebenfalls als ein hochkirchliches Anliegen gesehen werden kann, kann aber aus Zeitgründen in diesem Überblick aber nicht geschehen. Ich verweise auf andere Tagungen unseres "Hochkirchlichen Apostolats" zu diesem Thema. 2.2.3. BrotbrechenIn der Apg finden wir fünfmal
die Bezeichnung Brotbrechen oder Brechen des Brotes. Hier ist gewiß das Hl.
Abendmahl gemeint. 2.2.4. GebeteIn der Tat:
„Gebete“ steht hier in der Mehrzahl. Warum? Schaut man in evangelikale
Auslegungen dieses Textes, wird dort immer vor allem an viele freie
Gebetsgemeinschaften gedacht. Hier steht wohl Gebete in der Mehrzahl, weil es tatsächlich verschiedene legitime Formen des Gebetes in der Urkirche gab: freie Gebete und gebundene Gebete, Sprachengebete und verständliche Gebete, Gebete Einzelner und Gebetsgemeinschaften, Bitten und Fürbitten, Dank und Klage, Lob und Anbetung, gesungene Gebete und gesprochene. Man soll das eine tun und das andere nicht lassen. Hochkirchliche Christen sollten sich hüten, einseitig zu werden und von der anderen Seite des Pferdes zu fallen, indem sie etwa nur noch vorformulierte Gebete propagieren. Hochkirchlich gesonnen sein, heißt katholisch – will sagen: allumfassend – zu denken. Das beinhaltet auch eine gewisse Weite bei den Gebetsformen. Kap. 33.1. Regelmäßige Gebetzeiten
Hier steht das griechische Imperfektum, das im Griechischen die Fortdauer einer erzählten Handlung ausdrücken kann und in der Regel eine versuchte oder wiederholte Handlung in der Vergangenheit ausdrückt.; wir könnten es in diesem Fall durch den Zusatz "regelmäßig" verdeutlichen. Der Gang zum Tempel, von dem in Apg 3 berichtet wird, ist nicht ein vereinzelter. Petrus und Johannes folgten einer festen Gebetssitte folgen. Es ist wahr: "Wer nicht zu bestimmten Zeiten betet, betet auch nicht zu unbestimmten." Bereits das Judentum kannte feste Gebetszeiten. Schon im Psalter heißt es:
Vielleicht versammelte man sich in Israel während und nach dem Exil zur der Zeit des täglichen Tempelopfers in den Synagogen zum Gebet? In Apg 2,15 wird uns
überliefert, daß die Apostel in der dritten Stunde des Tages (Apg 2, 15)
zum gemeinsamen Gebet versammelt waren. Johannes und Petrus beten gemeinsam „um
die neunte Stunde“ (Apg 3,1). Der Apostel Petrus nach Apg 10,9 „um die sechste
Stunde“. Das uns heute bekannte Stundengebet, wie es die Kirche täglich betet, geht allerdings auf das klösterliche Umfeld zurück, wo es von Anfang an das Grundgerüst für den Tagesablauf bildet. Wir, die wir nicht im Kloster leben, sondern meistenteils in Familien, sollten im Hinblick auf das bei uns verbreitete familiäre Stundengebet jedoch stets bedenken, daß eine Familie kein Kloster ist. 3.2. „Schau auf uns“?
Wie konnte Petrus sagen: „Schau auf uns." Keiner von uns würde es wagen, sich so ausdrücken. Sollen nicht gerade Amtsträger der Kirche die Menschen auf Jesus hinweisen anstatt auf sich selbst? Warum sagt Petrus nicht: „Sieh auf Jesus! Schau auf Gott! Blicke in die Bibel!“ Weil es Gott gefallen hat, durch Menschen zu wirken! Menschen werden zu Menschen gesandt. So wie Jesus den Vater repräsentierte, repräsentierten diese Gesandten den, der sie gesandt hatte, nämlich Jesus. Darum konnte Petrus zu dem Gelähmten sagen: „Sieh uns an!“ und konnte in seiner Predigt gleichzeitig darauf hinweisen, daß Gott nicht Amtsträger der Kirche verherrlicht hat, sondern allein Jesus. Kap 44.1. Gütergemeinschaft
Die freigiebigen Christen legten ihre Spendengelder zu Füßen der Apostel nieder. Das heißt, daß die Apostel mit dem, was mit solcher Geste der Hingabe gegeben wurde ganz und gar nach eigenem Ermessen handeln konnten, ohne von irgendwelchen Gemeindegremien Bewilligungen erbetteln zu müssen oder kontrolliert zu werden. Ähnlich wie bei der Geschichte vom Pfingstwunder, wo die Gefahr besteht, daß Äußerlichkeiten wie das Sprachenwunder unangemessen im Zentrum des Interesses steht, so besteht auch hier die Gefahr, daß vor allem der sogenannte „Urkommunismus“ das Interesse erregt. Mit „Kommunismus“ hat das hier nichts zu tun. Im Kommunismus muß man alles abliefern, was man besitzt, ob man will oder nicht. In der Urgemeinde mußte man nicht. Natürlich ist diese Großzügigkeit überraschend. Das größere Wunder aber ist eben, daß die Menge der Gläubigen ein Herz und eine Seele war. Und das bei einer Menge von Fünftausend. Man braucht für gewöhnlich viel weniger Gläubige, um Parteiungen, Zwietracht, Cliquenbildung zu erleben. Uns wird hier noch einmal das Wunder einer vollkommen einigen und sichtbar einigen Kirche vor Augen gestellt. Hier haben wir einen Höhepunkt der Apg. Danach kommen die ersten Berichte über Probleme: Heuchelei, Murren, Streit. Kap 55.1. Hananias und Saphira
Jemand, der sein Hab und Gut den Aposteln zu Füßen legte, erwarb sich dadurch bestimmt großes Ansehen und hohe Geltung in der Gemeinde. Man kann gewiß auch davon ausgehen, daß man dadurch auch den Anspruch erwarb, nun seinerseits von der Gemeinde versorgt zu werden. Denn wovon sollte man sonst leben, wenn man alles der Gemeinde gegeben hatte? Die, die solcherart von der Gemeinde versorgt wurden, haben dafür auch gewiß in der Gemeinde mitgearbeitet. Hananias und Saphira wollten alles. Einerseits ein gesichertes und regelmäßiges Einkommen, dazu noch ein hohes Ansehen kirchliche Mitarbeiter, die um Christi willen auf alles andere verzichtet hatten. Andererseits sicherten sie sich noch zusätzlich ab, indem sie einen Teil des Kaufpreises für den Eigenbedarf beiseite schafften. Was treibt uns in den Dienst an der christlichen Gemeinde? Das Wort „Gemeinde“ (grie.: ekklesía) kommt hier im V. 11 in der Apg übrigens zum ersten Mal vor. Nicht bei der Schilderung der Pfingstereignisse, nicht bei der Darstellung der Heilungen und Wunder wird das Wort „Gemeinde“ zuerst gebraucht, sondern erstaunlicherweise bei der ersten Geschichte, die für die Kirche peinlich und bedrückend ist. 5.2. Wunder durch der Apostel Hände
Hier sei nur kurz darauf hingewiesen, daß die Wunder durch die Hände der Apostel geschahen. Das erinnert an den Segen. Wenn der „richtig“ erteilt wird, geschieht das immer mit einer rituellen Handauflegung. Entweder wird einem einzelnen die Hand auf den Kopf gelegt oder – wenn es mehrer sind – durch das allgemeine Aufheben der Hände. Die spektakulären Heilungen, die der Herr oder die Apostel durch Handauflegen oder Berühren[27] taten, zeigen deutlich, daß im vollmächtigen Segen die göttliche Kraft des Hl. Geistes wirksam ist. Matthias Niche [1] 2 Tim 3,7 [2] Phil 3,1 [3] (c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2004 [4] Spr 20,12 [5] Heinrich Vogel: Gott in Christo [6] pāsin [7] ánothen [8] akribōs [9] kathexēs [10] etwa in Lk 24,3.43 [11] Echternach, Helmut: Kirchenväter, Ketzer und Konzilien. Seite 16 [12] Echternach, Helmut: Kirchenväter, Ketzer und Konzilien. Seite 16 [13] Echternach; a.a.O. Seite 16 [14] Echternach, a.a.O. Seite 19 [15] Echternach; a.a.O. Seite 16 [16] Lk 17,21 [17] ad Smyrn. 8,2 [18] Mt 28,7+16f.; Lk 6,17; 8,2; 10,1; Joh 6,66; 19,38; Apg 1,13-15. [19] Mk 3,13 [20] Lk 6,13 [21] Mt 17,1; Mk 5,37; 9,2; 14,33; Lk 8,51; 9,28; Gal 2,9 [22] Apg 14,23 [23] Echternach; a.a.O. Seite 17 [24] 1 Kor 12,7 [25] 1 Petr 4,10 [26] Ps 119,164 [27] Mt 8,23; 9,29; 20,34; Mk 6,5; Lk 4,40; 13,13; |