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Der Begriff allein schon übt Kritik an jenen anspruchslosen Sendungen, die vorwiegend das Nachmittagsprogramm der Fernsehanstalten füllen. Die Sendungen werden sehr kostengünstig produziert. Der Bildungsanspruch wurde hier ganz und gar aufgegeben. Bei Talkshows, Gerichtssendungen und ähnlichem geht es hauptsächlich um Emotionen, verbunden mit primitiver Selbstdarstellung. Betrachtet man unter diesem Blickwinkel die Gottesdienste in unserem Land, muß wohl in analoger Weise von "Unterschichtengottesdiensten" gesprochen werden. Wenn Prediger einen Großteil des Glaubensguts aus der Verkündigung gestrichen haben, weil dies vielleicht beim heutigen Menschen nicht mehr ankommt, kann man auch hier einen Bildungsverlust konstatieren. Selbst die erhabne Sprache der Liturgie wird nicht selten auf die Ebene der Alltagssprache herabgezogen, da man meint, nur so heute verstanden zu werden. Generell versuchen viele Pfarrer den Gottesdienst interessant zu machen durch kindliche Spiele oder verbale Platitüden, die meist noch unter das Niveau der Fernseh-Talkshows unterbieten. Welche Menschen werden dadurch erreicht? "Unterschichtengottesdienste" ziehen wie das "Unterschichtenfernsehen" nur jene Menschen an, die sich mit dem Anspruchslosesten zufrieden geben. Statistiken sagen uns, daß das nachmittägliche Fernsehprogramm auch kaum jugendliche Zuschauer hat. Es sind vor allem viele Angehörige der älteren Generation, die solche Sendungen anschauen, weil sie nichts besseres mit ihrer Zeit anzufangen wissen. Auf diesem Hintergrund sollte einmal auch der typische Gottesdienstbesucher einer Durchschnittspfarrei betrachtet werden. Haben nicht viele längst die Flucht ergriffen, weil unsere Gottesdienste zu banal geworden sind - weil anspruchsvolle Predigten ebenso fehlen wie eine erhabene Liturgie? Der amerikanische Kulturkritiker Neil Postman hat in Bezug auf das Fernsehen von "Volksverdummung" gesprochen. Auch in der Kirche werden die Menschen oft verdummt, weil man ihnen eine anspruchsvolle Theologie und eine erhabenen Liturgie vorenthält und ihnen nur noch "Unterschichtengottesdienste" anbietet. Wer aber nicht gerade der Unterschicht angehört, erwartet mehr Niveau. Philipp Lenoir
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