Startseite
Unsere Gottesdienste
Liturgischer Kalender
Unsere Gemeinschaft
Unser Glaube
Kirchliche Erneuerung
Tägliche Betrachtungen
Theologische Beiträge
Zum Nach-Denken
Un-Zeitgemäßes
Auf-Gelesenes
HAStA-Literatur
Suche
Kontakt / Impressum
Datenschutzerklärung
Haftungsausschluß

Der Große Katechismus: 1. - 3. Gebot

•  •


Das erste Gebot

Du sollst nicht andere Götter haben.

Das heißt: Du sollst mich allein für deinen Gott halten. Was ist damit gesagt und wie ist es zu verstehen? Was heißt "einen Gott haben", bzw. was ist Gott? Antwort: Ein "Gott" heißt etwas, von dem man alles Gute erhoffen und zu dem man in allen Nöten seine Zuflucht nehmen soll. "Einen Gott haben" heißt also nichts anderes, als ihm von Herzen vertrauen und glauben; wie ich oft gesagt habe, daß allein das Vertrauen und Glauben des Herzens etwas sowohl zu einem Gott als zu einem Abgott macht. Ist der Glaube und das Vertrauen recht, so ist auch dein Gott recht, und umgekehrt, wo das Vertrauen falsch und unrecht ist, da ist auch der rechte Gott nicht. Denn die zwei gehören zusammen, Glaube und Gott. Worauf du nun, sage ich, dein Herz hängst und verläßt, das ist eigentlich dein Gott.

Darum ist nun der Sinn dieses Gebotes der, daß es rechten Glauben und Zuversicht des Herzens fordert, welche sich auf den rechten, einzigen Gott richtet und an ihm allein hängt. Und zwar will es soviel gesagt haben: "Sie zu und lasse mich allein deinen Gott sein und suche ja keinen andern. Das heißt: was dir mangelt an Gutem, das erhoffe von mir und suche bei mir, und wenn du Unglück und Not zu leiden hat, so kriech und halte dich zu mir. Ich, ich will dir genug geben und aus aller Not helfen; laß nur dein Herz an keinem andern hangen noch ruhen.

Das muß ich noch ein wenig deutlicher ausführen, daß man's aus alltäglichen Beispielen von gegenteiligen Verhalten verstehe und erkenne. Es ist mancher, der meint, er habe Gott und alles zur Genüge, wenn er Geld und Gut hat; er verläßt sich darauf und brüstet sich damit so steif und sicher, daß er auf niemand etwas gibt. Sieh, ein solcher hat auch einen Gott: der heißt Mammon, das heiß Geld und Gut; darauf setzt er sein ganzes Herz. Das ist ja auch der allgewöhnlichste Abgott auf Erden. Wer Geld und Gut hat, der weiß sich in Sicherheit, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies; und umgekehrt, wer keins hat, der zweifelt und verzagt, als wisse er von keinem Gott. Denn man wird ja ganz wenig Leute finden, die guten Mutes sind und weder trauern noch klagen, wenn sie den Mammon nicht haben; das klebt und hängt der (menschlichen) Natur an bis in die Grube.

Ebenso, wer darauf vertraut und trotzt, daß er großes Wissen, Klugheit, Gewalt, Beliebtheit, Freundschaft und Ehre hat. Der hat auch einen Gott, aber nicht diesen rechten, alleinigen Gott. Das siehst du abermals daran, wie vermessen, sicher und stolz man auf Grund solcher Güter ist, und wie verzagt, wenn sie nicht vorhanden sind oder einem entzogen werden. Darum sage ich noch einmal, daß die rechte Auslegung dieses Stückes das ist: "einen Gott haben" heißt etwas haben, worauf das Herz gänzlich vertraut.

Sieh ebenso auf das, was wir bisher in der Blindheit unter dem Papsttum getrieben und getan haben: Wenn jemandem ein Zahn weh tat, so fastete er und verehrte die hl. Apollonia, fürchtete sich vor einer Feuersnot, so machte er den hl. Lorenz zum Nothelfer; flüchtete er sich vor der Pest, so geschah noch unzählig viel mehr, da jeder seinen Heiligen auswählte, anbetete und anrief, ihm in Nöten zu helfen. Hierher gehören auch die, die es gar zu grob treiben und mit dem Teufel einen Bund machen, das er ihnen Geld genug gebe oder ihn zu ihrer Liebschaft verhelfe, ihr Vieh bewahre, verlorenes Gut wiederbeschaffe etc., wie die Zauberer und Schwarzkünstler. Diese alle richten ja ihr Herz und ihr Vertrauen anderswohin als auf den wahrhaftigen Gott; sie erwarten nichts Gutes von ihm, suchen´s aber auch nicht bei ihm.

So verstehst du nun leicht, was und wieviel dieses Gebot fordert: nämlich das ganze Herz des Menschen und alle Zuversicht allein auf Gott und niemanden anderes. Denn das kannst du dem leicht entnehmen, wenn man Gott haben will, kann man ihn nicht mit den Fingern greifen und fassen und nicht in den Beutel stecken oder in den Kasten schließen. Vielmehr heißt das ihn fassen, wenn das Herz ihn ergreift und an ihm hängt; mit dem ganzen Herzen aber an ihm hängen ist nichts anderes als sich gänzlich auf ihn verlassen

Darum will er uns von allem andern, was außer ihm ist, abwenden und uns zu sich ziehen, weil er das einzige, ewige Gut ist. Es ist, als wollte er sagen: Was du vorher bei den Heiligen gesucht oder wofür du auf den Mammon und sonst etwas vertraut hast, das erwarte alles von mir, und halte mich für den, der dir helfen und dich mit allem Guten reichlich überschütten will. Sieh, damit hast du nun, was die rechte Ehrung Gottes und der rechte Gottesdienst ist, der Gott gefällt und den er auch bei seinem ewigen Zorn gebietet, nämlich: Das Herz soll sonst keinen Trost und keine Zuversicht kennen als zu ihm; es darf sich auch nicht davon wegreißen lassen, sondern muß darüber alles wagen und hintansetzen, was es auf Erden gibt.

Demgegenüber wirst du leicht einsehen und beurteilen, wie die Welt lauter falschen Gottesdienst und Abgötterei treibt; denn es ist nie ein Volk, so ruchlos gewesen, daß es nicht einen Gottesdienst eingerichtet und gehalten hätte. Da hat jedermann den zu seinem besonderen Gott aufgeworfen, von dem er sich Gutes, Hilfe und Trost versprochen hat. Wie z.B. diejenigen Heiden, die ihr Vertrauen auf Gewalt und Herrschaft setzten, warfen ihren Jupiter zum höchsten Könige auf; die andern, die nach Reichtum, nach Glück oder nach Lust und guten Tagen trachteten, den Herkules, den Merkur, die Venus oder andere; die schwangeren Frauen die Diana oder Luciana und so fort, es machte sich jedermann das zum Gott, wohin ihn sein Herz zog. So heißt also eigentlich, auch nach aller Heiden Meinung; "einen Gott haben" soviel wie vertrauen und glauben. Der Fehler liegt aber daran, daß ihr Vertrauen falsch und unrecht ist; denn es ist nicht auf den einzigen Gott gerichtet, außer dem es wahrhaftig keinen Gott gibt weder im Himmel noch auf Erden. Deshalb machen die Heiden eigentlich ihr selbsterdachtes Wahn- und Traumbild von Gott zum Abgott und verlassen sich aufs lautere Nichts. Ebenso ist es mit aller Abgötterei bestellt. Denn sie besteht nicht bloß darin, daß man ein Bild aufrichtet und anbete, sondern vor allem in einem Herzen, welches anderswohin gafft und bei den Kreaturen, bei Heiligen oder Teufeln Hilfe und Trost sucht: es kümmert sich nicht um Gott und verspricht sich von ihm nicht soviel Gutes, daß er helfen wolle; es glaubt auch nicht, daß das von Gott komme, was ihm Gutes widerfährt.

Außerdem gibt es auch einen falschen Gottesdienst und die höchste Abgötterei, die wir bisher getrieben haben und die noch immer in der Welt regiert; darauf sind auch alle geistlichen Stände gegründet. Sie betrifft allein das Gewissen, das da in eigenen Werken Hilfe, Trost und Seligkeit sucht und Gott den Himmel abzuzwingen sich vermißt. Und es berechnet, wie viel es gestiftet, gefastet, Messe gehalten hat etc., verläßt sich darauf und pocht darauf, als wolle es nichts von Gott geschenkt nehmen, sondern alles selbst erwerben oder mit überschüssigen Werken verdienen, gerade als müßte er in unserem Dienste stehen und unser Schuldner, wir aber seine Lehnsherrn sein. Was heißt das anderes, als aus Gott einen Götzen, ja einen Abgott machen und sich selbst für Gott halten und aufwerfen? Aber das ist ein wenig zu scharfsinnig und gehört nicht vor die jungen Schüler.

Das sei aber den einfachen Menschen gesagt, damit sie den Sinn dieses Gebots wohl in acht nehmen und behalten: man soll allein Gott vertrauen und nur Gutes sich von ihm versprechen und von ihm erwarten. Denn er ist's, der uns Leib, Leben, Essen, Trinken, Nahrung, Gesundheit, Schutz, Frieden und alles Nötige an zeitlichen und ewigen Gütern gibt; dazu bewahrt er vor Unglück und errettet und hilft heraus, falls uns etwas widerfährt. So ist also Gott, wie nun genug gesagt, allein der, von dem man alles Gute empfängt und durch den man alles Unglück los wird. Das ist auch meines Erachtens der Grund, daß wir Deutschen "Gott" mit eben diesem Namen von altersher nennen - feiner und treffender als irgend eine andere Sprache - nach dem Wörtlein "gut", weil er ein ewiger Quellbrunnen ist, der von lauter Güte überfließt und von dem alles, was gut ist und gut heißt, ausfließt.

Damit man deshalb sehe, daß Gott das nicht in den Wind geschlagen haben will, sondern ernstlich darüber zu wachen gewillt ist, hat er zu diesem Gebot zuerst eine schreckliche Drohung, darnach eine schöne, tröstliche Verheißung dazugesetzt; das soll man auch recht einüben und dem jungen Volk einbleuen, daß sie es zu Herzen nehmen und behalten:

Ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der an denen, die mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht bis zu den Kindern im dritten und vierten Glied, aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis in tausend Glied.

Obwohl indessen diese Worte sich, wie wir nachher hören werden, auf alle Gebote beziehen, so sind sie doch gerade zu diesem Hauptgebot gesetzt. Kommt es doch am meisten darauf an, daß der Mensch ein rechtes Haupt hat; denn wo das Haupt recht geht, da muß auch das ganze Leben recht gehen, und umgekehrt. So lerne nun aus diesen Worten, wie zornig Gott über die ist, die sich auf irgend etwas außer ihm verlassen; umgekehrt, wie gütig und gnädig er denen ist, die ihm allein von ganzem Herzen vertrauen und glauben: der Zorn läßt nicht nach bis ins vierte Geschlecht oder Glied, die Wohltat oder Güte dagegen wirkt sich auf viele tausend aus, damit man nicht so sicher hingehe und sich in die Schanze schlage (= sich auf sein Glück verlasse), wie die rohen Herzen denken, darauf komme es nicht so sehr an. Er ist ein solcher Gott, der es nicht ungerächt läßt, wenn man sich von ihm abwendet und nicht aufhört zu zürnen bis ins vierte Glied, solange bis wir vollkommen ausgerottet werden. Darum will er gefürchtet und nicht verachtet sein

Das hat er auch bei allen Historien und Geschichten bewiesen, wie uns das die Schrift reichlich bezeugt, und wie es noch die tägliche Erfahrung lehren kann. Denn er hat von Anfang an alle Abgötterei, und um ihretwillen sowohl Heiden als Juden ganz ausgerottet. Ebenso stürzt er auch heutzutage allen falschen Gottesdienst, so daß schlußendlich alle, die darin verharren, untergehen müssen. Darum, ob man gleich jetzt stolze, gewaltige und reiche Wänste findet, die auf ihren Mammon trotzen, gleich ob Gott zürne oder lache, als könnten sie sich wohl getrauen, seinen Zorn auszuhalten, so werden sie es doch nicht ausführen, sondern werden, ehe man sich's versieht, zum Scheitern kommen mit allem, worauf sie getraut haben; wie alle andern untergegangen sind, die sich wohl sicherer und mächtiger gefühlt haben.

Und eben um solcher harten Köpfe willen, die meinen, daß er (nämlich Gott) zusehe und sie so fest sitzen lasse, als wisse er nichts davon oder kümmere sich nicht darum, muß er dreinschlagen und strafen, daß er's nicht vergessen kann bis auf ihre Kindeskinder, damit jedermann daran stutzig werde und daraus sehe, daß es ihm kein Scherz ist. Denn diese sind's auch, die er meint, wenn er sagt: "Die mich hassen". Das sind die, die auf ihrem Trotz und Stolz beharren: was man ihnen predigt oder sagt, wollen sie nicht hören; tadelt man sie, damit sie zur Selbsterkenntnis kommen und sich bessern, ehe die Strafe angeht, dann werden sie toll und töricht, damit sie den Zorn redlich verdienen. Diese Erfahrung machen wir auch jetzt täglich bei Bischöfen und Fürsten.

So schrecklich aber diese Drohworte sind, - ein viel mächtigerer Trost liegt in der Verheißung, daß die, die sich allein an Gott halten, dessen gewiß sein sollen, daß er Barmherzigkeit an ihnen erzeigen will; das heißt lauter Gutes und Wohltat beweisen, nicht bloß an ihnen, sondern auch an ihren Kindern bis ins tausendste und abermals tausendste Geschlecht. Das sollt uns wahrlich dazu bewegen und antreiben, uns von Herzen auf Gott zu verlassen mit aller Zuversicht, wenn anders wir begehren, alles Gute in Zeit und Ewigkeit zu haben; kommt doch die hohe Majestät uns so sehr entgegen, ermuntert uns so herzlich und gibt uns so reiche Verheißungen.

Darum lasse sich das jeder ernstlich zu Herzen gehen, daß man's nicht so ansehe, als hätte es (nur) ein Mensch gesagt. Denn es trägt dir entweder ewigen Segen, Glück und Seligkeit, oder ewigen Zorn, Unglück und Herzleid ein. Was willst du mehr haben oder begehren, als daß er dir so freundlich verheißt, er wolle Dein sein mit allem Guten, dich schützen und dir helfen in allen Nöten? Der Fehler liegt nur leider daran, daß die Welt nichts davon glaubt und es nicht für Gottes Wort hält. Sie sieht nämlich: diejenigen Menschen, die Gott und nicht dem Mammon vertrauen, haben Kummer und Not zu leiden, und der Teufel widersetzt sich ihnen und hindert sie, so daß sie weder Geld noch Beliebtheit noch Ehre, dazu kaum das Leben behalten. Umgekehrt, diejenigen, die dem Mammon dienen, haben Gewalt, Beliebtheit, Ehre, Gut und Sicherheit vor der Welt. Deshalb muß man begreifen, daß jene Worte eben gegen diesen Augenschein gerichtet sind, und muß wissen, daß sie nicht lügen und trügen sondern wahr werden müssen.

Denke du selbst zurück, oder frage darnach und sage mir: Was haben die, die alle ihre Sorge und ihren Fleiß darauf verwandt haben, viel Gut und Geld zusammenzuscharren, schließlich erreicht? Du wirst finden, daß sie Mühe und Arbeit verloren haben; oder wenn sie auch große Schätze zusammengebracht haben, (ist es) doch zerstoben und verflogen, so daß sie selber ihres Gutes nie froh geworden sind, und daß es nach ihnen nicht bis auf die dritten Erben gekommen ist. Beispiele (dafür wirst du genug finden in allen Historien, auch von alten, erfahrenen Leuten; sieh sie dir nur an und gib acht darauf. Saul war ein großer König, von Gott erwählt, und ein frommer Mann, aber als er fest auf dem Throne saß und sein Herz Niedrigerem zuwandte und sich an seine Krone und seine Gewalt hängte, da mußte er untergehen mit allem, was erhatte, so daß auch von seinen Kindern keines am Leben blieb. Umgekehrt, David war ein armer, verachteter Mann, verjagt und gescheucht, so daß er seines Lebens nirgends sicher war; dennoch mußte er vor Saul (bewahrt) bleiben und König werden. Denn obige Wort mußten in Geltung bleiben und sich bewahrheiten, weil Gott nicht lügen noch betrügen kann. Überlaß es nur dem Teufel und der Welt, mit ihrem Schein zu betrügen, der wohl eine Zeitlang währt, aber am Ende nichts ist.

Darum lasset uns das erste Gebot gut lernen, damit wir sehen, wie Gott keine Vermessenheit und kein Vertrauen auf irgendein anderes Ding dulden will und nichts Höheres von uns fordert, als eine herzliche Zuversicht alles Guten. Wir sollen richtig und stracks unseres Weges gehen und von allen Gütern, die Gott gibt, keinen weiteren Gebrauch machen, als wie ein Schuster seine Nadel, Ahle und Draht zur Arbeit gebraucht und sie nachher weglegt, oder wie ein Gast die Herberge, die Verpflegung und das Lager nur für die zeitweiligen Bedürfnisse (benutzt). (so tue ein) jeder in seinem Stand nach Gottes Ordnung, und lasse nur nichts davon seinen Herrn oder Abgott sein.
Das sei genug vom ersten Gebot. Wir haben es deshalb so ausführlich besprechen müssen, weil es darauf am allermeisten ankommt; denn, wie vorhin gesagt, wo das Herz mit Gott im reinen ist und dieses Gebot gehalten wir, da folgt die Erfüllung aller andern von sich selbst

Das zweite Gebot

Du sollst den Namen Gottes nicht unnütz gebrauchen

Wie das erste Gebot das Herz unterwiesen und den Glauben gelehrt hat, so führt uns dieses Gebot nach außen und bringt Mund und Zunge in die rechte Stellung zu Gott. Denn das erste, das aus dem Herzen herauskommt und zutage tritt, sind die Worte. Wie ich nun oben gelehrt habe, zu antworten, was "einen Gott haben" heißt, so mußt du auch lernen, den Sinn dieses und aller anderen Gebote in einfache Wort zu fassen und auf dich anzuwenden. Wenn man nun fragt: "Wie verstehst du das zweite Gebot oder was heißt "Gottes Namen unnütz gebrachen oder mißbrauchen?" so antworte aufs kürzeste so: "Das heißt 'Gottes Namen mißbrauchen', wenn man Gott den Herrn nennt um Zweck einer Lüge oder Untugend irgendwelcher Art, in welcher Weise es auch geschehen mag". Darum bedeutet das Gebot soviel, daß man Gottes Namen nicht fälschlich anführen oder in den Mund nehmen soll, wenn das Herz es gut anders weiß oder wenigstens anders wissen sollte, wie es bei denen ist, die vor Gericht schwören und wo eine Partei der anderen gegenüber (etwas) ableugnet. Denn Gottes Namen kann man nicht mehr mißbrauchen, als wenn man damit lügt und betrügt. Das lasse den deutlichen Wortlaut und nächstliegenden Sinn dieses Gebotes bleiben.

Daraus kann es sich nun jedermann leicht selbst ausrechnen, wann und auf sie mancherlei Weise Gottes Namen mißbraucht wird, obgleich alle Mißbräuche aufzuzählen, nicht möglich ist. Doch sei es in Kürze angedeutet. Aller Mißbrauch des göttlichen Namens geschieht in erster Linie bei weltlichen Händeln und Sachen, die Geld, Gut und Ehre betreffen. Das mag der Fall sein öffentlich vor Gericht, auf dem Markt, oder sonst, wo man auf Gottes Namen schwört und falsche Eide ablegt, oder die Sache auf seine Seele nimmt. Besonders ist das vielfach üblich in Ehesachen, wenn zwei hergehen, sich miteinander heimlich verloben und es nachher abschwören. Am allermeisten aber findet sich jener Mißbrauch bei geistlichen Sachen, die das Gewissen belangen, wenn falsche Prediger auftreten und ihren Lügentand als Gottes Wort ausgeben. Sieh, das alles heißt mit Gottes Namen sich schmücken oder schön hinstellen und rechthaben wollen, gleichviel, ob es in groben Welthändeln geschieht oder in hohen, subtilen Sachen des Glaubens und der Lehre. Und unter diese Lügner gehören auch die Lästermäuler; nicht bloß die ganz groben, die jedermann wohlbekannt sind, die ohne Scheu Gottes Namen schänden - die gehören nicht in unsere, sondern in des Henkers Schule -; sondern auch die, die öffentlich die Wahrheit und Gottes Wort lästern und dem Teufel übergeben, wovon weiter zu reden jetzt nicht nötig ist.

Hier laßt uns nun lernen und zu Herzen nehmen, wieviel an diesem Gebot gelegen ist, damit wir uns mit allem Fleiß hüten und scheuen vor allerlei Mißbrauch des heiligen Namens als vor der höchsten Sünde, die äußerlich geschehen kann. Lügen und Trügen ist ja schon an und für sich eine große Sünde; sie wird aber viel schwerer, wenn man sie noch rechtfertigen will und zu ihrer Bestätigung Gottes Namen heranzieht und zum Deckmantel nimmt; denn so wird aus einer Lüge eine zweifache, ja eine vielfache Lüge.

Darum hat Gott diesem Gebot auch ein ernstliches Drohwort angehängt; das heißt folgendermaßen: "Denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht", d.h. es soll keinem geschenkt werden und ungestraft hingehen. Denn so wenig er das ungerächt lassen will, daß man das Herz von ihm abwendet, so wenig will er es dulden, daß man seinen Namen (im Munde) führt, um die Lügen zu beschönigen. Nun ist es leider eine allgemeine Plage in aller Welt, daß es derer gerade so wenige sind, die Gottes Namen nicht zur Lüge und Bosheit gebrauchen, ebenso wie nur wenige sind, die von Herzen allein auf Gott vertrauen. Haben wir doch alle von Natur die schöne Tugend an uns, daß, wer eine böse Tat begangen hat, seine Schande gerne verdecken und schmücken möchte, damit niemand (etwas) sehe oder wisse. Es ist keiner so verwegen, daß er sich einer begangenen Bosheit vor jedermann rühmte; wir wollen es alle im geheimen getan haben, ehe man es gewahr wird. Greift man dann einen an, so muß Gott mit seinem Namen herhalten und muß das Bubenstück fromm, die Schande zur Ehre machen. Das ist der allgemeine Lauf der Welt; wie eine große Sintflut ist es in allen Landen eingerissen. Darum haben wir auch zum Lohn, was wir suchen und verdienen: Pest, Krieg, Teuerung, Feuer, Wasser, ungeratene Weiber, Kinder und Gesinde, und allerlei Schade. Woher sonst sollte soviel Jammer kommen? Es ist noch eine große Gnade, daß uns die Erde trägt und nährt.

Darum sollte man vor allen Dingen das junge Volk ernstlich dazu anhalten, und daran gewöhnen, daß sie dieses und andere Gebote stets vor Augen haben; und wenn sie es übertreten, flugs mit der Rute hinter ihnen her sein und ihnen das Gebot vorhalten und es ihnen immer einbleuen. So sollen sie aufgezogen werden, nicht allein mit Strafen, sondern zur Scheu und Furcht vor Gott.

So verstehst du nun, was Gottes Namen mißbrauchen heißt, nämlich um es in aller Kürze zu wiederholen, ihn entweder bloß zur Lüge (zu gebrauchen) und um etwas unter seinem Namen zu behaupten, was nicht der Fall ist; oder um zu fluchen, zu schwören, zu zaubern und, mit einem Wort: um etwas Böses anzurichten, wie immer man's kann. Daneben mußt du auch wissen, wie man (Gottes) Namen recht gebraucht. Denn zugleich mit dem Wort, mit dem er sagt: "Du sollst den Namen Gottes nicht unnütz gebrauchen", gibt er gleicherweise zu verstehen, daß man ihn recht gebrauchen solle; denn er ist uns eben darum geoffenbart und gegeben, daß er gebraucht und benutzt werden soll.

Daraus folgt nun von selbst: indem hier verboten ist, den heiligen Namen zur Lüge oder Untugend (im Munde) zu führen, so ist umgekehrt geboten, ihn zur Wahrheit und allem Guten zu gebrauchen. So zum Beispiel wenn man recht schwört, wo es nötig und gefordert wird; ebenso auch, wenn man recht lehrt; ebenso, wenn man den Namen in Nöten anruft, ihn lobt und ihm dankt, wenn man Gutes erfuhr, usw. Das alles ist zusammenfassend geboten in dem Spruch Psalm 50: "Rufe mich an zur Zeit der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen." Denn das alles heißt ihn zur Wahrheit anführen und sogleich gebrauchen; und so wird sein Name geheiligt, wie das Vaterunser betet.

Damit hast du die Summe des ganzen Gebots erklärt. Und aus diesem Verständnis heraus hat man die Frage leicht gelöst, mit der sich viele Lehrer gequält haben: Warum im Evangelium das Schwören verboten ist, wo doch Christus, der hl. Paulus und andere Heilige oft geschworen haben. Und zwar ist der Sinn kurz der: Schwören soll man nicht zum Bösen, d.h. zur Lüge und wenn es weder nötig noch nützlich ist; aber zum Guten und zu des Nächsten Besserung soll man schwören. Denn es ist ein rechtes, gutes Werk, durch das Gott gepriesen, Leute zum Frieden gebracht, Gehorsam geleistet und Hader beigelegt wird. Denn da legt sich Gott selbst ins Mittel und scheidet Recht und unrecht, Bös und Gut voneinander. Schwört eine Partei falsch, so hat sie damit ihr Urteil: sie wird der Strafe nicht entlaufen, und wenn es auch eine Zeitlang gut geht, soll ihnen doch nichts gelingen; alles, was sie damit gewinnen, soll ihnen unter den Händen zerrinnen und nimmermehr fröhlich genossen werden. So habe ich es bei vielen erfahren, die ihr Eheversprechen abgeschworen haben: sie haben nachher keine gute Stunde oder gesunden Tag mehr gehabt und sind so an Leib, Seele samt ihrem Gut jämmerlich zugrundegegangen.

Deshalb sage und ermahne ich wie vorhin, man solle die Kinder beizeiten durch Warnen und Abschrecken, Wehren und Strafen daran gewöhnen, daß sie sich vor dem Lügen und insbesondere davor scheuen, Gottes Namen dabei (im Munde) zu führen. Dann wenn man sie so hingehen läßt, wird nichts Gutes daraus, wie man jetzt vor Augen hat: die Welt ist böser als sie je gewesen ist, und es gibt keine Autorität, keinen Gehorsam, weder Treue noch Glauben, sondern lauter verwegene, ungebändigte Leute, bei denen weder Lehren noch Strafen etwas hilft; das alles ist Gottes Zorn und Strafe für solch mutwillige Verachtung dieses Gebotes. Zweitens soll man auch umgekehrt dazu antreiben und reizen, Gottes Namen zu ehren und stets im Munde zu haben bei allem, was ihnen begegnen und unter die Augen kommen kann. Denn das ist die rechte Ehrung dieses Namens, wenn man allen Trost von ihm erhofft und ihn darum anruft, so daß zuerst, wie wir's oben gehört, das Herz durch den Glauben Gott seine Ehre gibt, darnach der mund durch das Bekenntnis.

Das ist zugleich auch eine heilbringende, nützliche Gewohnheit und sehr kräftig gegen den Teufel, der immerdar um uns ist. Er lauert darauf, wie er uns in Sünde und Schande, Jammer und Not bringen könne, während er es höchst ungern hört und da nicht lange bleiben kann, wo man Gottes Namen von Herzen nennt und anruft. Es würde uns manches schreckliche und grauenvolle Unglück begegnen, wenn Gott uns nicht durchs Anrufen seines Namens erhalten würde. Ich habe es selbst versucht und wohl erfahren, daß oft ein plötzliches, großes Unheil bei solchem Rufen sich sogleich gewendet hat und vorübergegangen ist. Dem Teufel zum Trotz, sage ich, sollten wir den heiligen Namen immerdar im Munde führen, daß er nicht schaden kann, wie er's gerne wollte

Dazu dient auch, daß man sich's angewöhnt, sich täglich Gott anzubefehlen mit Seele und Leib, Weib, Kind, Gesinde und allem, was wir haben, für alle jeweilige Not. Aus diesem Grund ist auch das Benedicite, das Gratias und andere Segenssprüche für den Abend und den Morgen aufgekommen und in Übung geblieben, ferner die Kindergewohnheit, daß man sich bekreuzigt, wenn man etwas Ungeheuerliches und Schreckliches sieht oder hört, und dann sagt "Herr Gott, behüte", "Hilf, lieber Herr Christus" oder dergleichen; ebenso daß man auch im umgekehrten Fall, wenn einem unverhofft etwas Gutes widerfährt, so geringfügig es auch sein mag, dann sagt: "Gott sei gelobt und gedankt", "Das hat mir Gott beschert", usw., so, wie man früher die Kinder daran gewöhnt hat, zu Ehren des hl. Nikolaus' und andere Heiligen zu fasten und zu beten. Das wäre Gott angenehmer und wohlgefälliger als ein Klosterleben und als die Heiligkeit von Karthäusermönchen

Sieh, so könnte man die Jugend auf kindgemäße Weise und spielend aufziehen in Gottes Furcht und Verehrung, so daß das erste und zweite Gebot fein im Schwange und in steter Übung wären. Da könnte etwas Gutes Wurzel fassen, aufgehen und Frucht bringen, daß solche Leute heranwüchsen, an denen das ganze Land einen Nutzen haben und froh werden könnte. Das wäre auch die rechte Weise, in der wohl zu erziehen, weil man sie mit Güte und Lust daran gewöhnen kann. Denn wenn man etwas bloß mit Ruten und Schlägen erzwingen muß, so entsteht keine gute Art daraus, und wenn man's weit bringt, so bleiben sie doch nicht länger fromm, als die Rute auf dem Nacken liegt. Hier dagegen wurzelt es im Herzen, so daß man sich mehr vor Gott als vor der Rute und dem Stock fürchtet. Das alles sage ich in so einfacher Weise für die Jugend, damit es doch einmal (ins sie) eingehe, denn weil wir Kindern predigen, müssen wir auch mit ihnen lallen. Damit haben wir den Mißbrauch des göttlichen Namens verhütet und den rechten Gebrauch gelehrt, der nicht bloß in Worten, sondern auch in der Übung und im Leben bestehen soll. Man soll also wissen, daß solcher (menschlichen) Gott herzlich wohlgefällt und daß er das ebenso reichlich belohnen will, wie greulich er jenen Gebrauch strafen will.

Das dritte Gebot

Du sollst den Feiertag heiligen

Den "Feiertag" heiligen haben wir genannt nach dem hebräischen Wörtlein "Sabbat". Dieses bedeutet eigentlich "feiern", d.h. Muße von der Arbeit haben; daher pflegen wir zu sagen "Feierabend machen" oder "heiligen Abend geben". Nun hat Gott im Alten Testament den siebten Tag ausgesondert und ihn zum Feiern eingesetzt und geboten, ihn vor allen andern heilig zu halten. Was dieses äußerliche Feiern betrifft, so ist dieses Gebot nur den Juden gegeben; sie sollten mit groben Arbeiten aussetzen und Ruhe halten, damit sich sowohl Mensch als Vieh wieder erholten und nicht durch stete Arbeit geschwächt würden. Freilich haben sie es später allzu eng gefaßt und gröblich mißbraucht, so daß sie bei Christus sogar solche Werke lästerten und nicht ertragen konnten, die sie doch selber am Sabbat taten, wie man im Evangelium liest; gerade als sollte das Gebot damit erfüllt sein, daß man überhaupt kein äußeres Werk täte. Das aber war doch nicht der Sinn des Gebots, sondern es ging im Grunde darum, daß sie den Feier- oder Ruhetag heiligten, wie wir hören werden.

Darum geht nun dieses Gebot uns Christen nach dem grob-äußerlichen Wortsinn nichts an. Denn es handelt sich um ein ganz äußerliches Ding, das, wie andere Satzungen des Alten Testaments, an besondere Weisen, Personen, Zeiten und Orte gebunden war; diese sind nun durch Christus alle freigegeben. Aber um für die einfachen Menschen ein christliches Verständnis dessen zu umreißen, was Gott in diesem Gebot von uns fordert, so merke: wir halten Feiertage nicht um der verständigen und gelehrten Christen willen, denn diese bedürfen dessen zu nichts. Vielmehr tun wir es erstens auch um leiblicher Ursachen und Bedürfnisse willen. Den die Natur lehrt und fordert das für das einfache Volk, für Knechte und Mägde, die die ganze Woche ihrer Arbeit und ihrem Geschäft nachgegangen sind, daß sie sich auch einen Tag lang zurückziehen, um sich auszuruhen und zu erquicken. Sodann allermeist deshalb, daß man an einem solchen Ruhetag, weil man sonst nicht dazu kommen kann, Gelegenheit und Zeit hat, um am Gottesdienst teilzunehmen; man soll also zusammenkommen, Gottes Wort zu hören und sich damit zu beschäftigen, um dann auch Gott zu loben, zu singen und zu beten.

(Dieser Gottesdienst) aber, sage ich, ist nicht dergestalt an eine Zeit gebunden wie bei den Juden, daß es gerade dieser oder jener Tag sein müßte; es ist ja keiner an und für sich besser als der andere. Vielmehr sollte das alle Tage geschehen; aber weil die große Menge das nicht einhalten kann, muß man doch wenigstens einen Tag in der Woche dafür auswählen. Weil aber dazu von alters her der Sonntag bestimmt ist, soll man's auch dabei bleiben lassen, damit es nach einer einheitlichen Ordnung gehe und niemand durch unnötige Neuerung eine Unordnung anrichte. Somit ist das der einfache Sinn dieses Gebots, man solle, da man sowieso Feiertag hält, dieses Feiern dazu verwenden, um Gottes Wort zu lernen. So soll also das Predigtamt das eigentliche Amt dieses Tages sein, um des jungen Volkes und der armen Leute willen; doch soll das Feiern nicht so eng gefaßt werden, daß deshalb andere anfallende Arbeit, die man nicht umgehen kann, verboten wäre.

Wenn man deshalb fragt, was mit "Du sollst den Feiertag heiligen" gesagt sei, so antworte: "Den Feiertag heiligen heißt soviel wie: ihn heilig halten." Was ist dann heilig halten? Nichts anderes als in Worten und Werken und Leben sich heilig verhalten. Denn der Tag an und für sich bedarf keines Heiligens; er ist ja an und für sich heilig geschaffen. Gott will aber haben, daß er dir heilig sei. Somit wird er deinethalben heilig und unheilig, je nachdem du etwas Heiliges oder Unheiliges an ihm treibst. Wie geht nun ein solches Heiligen vor sich? Nicht so, daß man hinter dem Ofen sitzt und keine grobe Arbeit tut oder einen Kranz aufsetzt und seine besten Kleider anzieht, sondern, wie gesagt, daß man Gottes Wort betreibt und sich darin übt.

Und wahrlich, wir Christen sollen immerfort solchen Feiertag halten, lauter heilige Dinge treiben, d.h. täglich mit Gottes Wort umgehen und es in Herz und Munde tragen. Aber weil wir - wie gesagt - nicht alle Zeit und Muße dazu haben, müssen wir wöchentlich einige Stunden für die Jugend bzw. wenigstens einen Tag für das ganze Volk dazu verwenden, daß man sich allein damit beschäftigt und eben die zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser betreibt, und so unser ganzes Leben und Wesen nach Gottes Wort richtet. In der Zeit nun, in der das im Schwange geht und in Übung ist, wird ein rechter Feiertag gehalten; andernfalls soll es kein Christenfeiertag heißen. Denn Feiern und Müßiggehen können die Nichtchristen auch wohl, wie denn auch der ganze Schwarm unserer Geistlichen täglich in der Kirche steht, singt und klingt, ohne aber einen Feiertag zu heiligen; denn sie predigen und üben kein Wort Gottes, sondern lehren und leben geradezu dawider.

Denn das Wort Gottes ist das Heiligtum über alle Heiligtümer, ja das einzige, das wir Christen wissen und haben. Denn wenn wir gleich die Gebeine oder die heiligen und geweihten Kleider von allen Heiligen auf einem Haufen beieinander hätten, so wäre uns damit doch nichts geholfen; denn das alles ist etwas Totes, was niemanden heiligen kann. Gottes Wort dagegen ist der Schatz, das alle Dinge heilig macht; durch ihn sind alle Heiligen selber geheiligt worden. Zu welcher Stunde man nun Gottes Wort betreibt, es predigt, hört, liest oder bedenkt - wird dadurch Person, Tag und Werk geheiligt, nicht äußeren Werkes wegen, sondern um des Wortes willen, das uns alle zu Heiligen macht. Deswegen sage ich allezeit, daß unser ganzes Leben und Werk in Beziehung zum Worte Gottes stehen müsse, wenn es Gott gefällig oder heilig heißen soll; wenn das geschieht, so ist dieses Gebot in Kraft und geht in Erfüllung. Umgekehrt ist alles Wesen und Werk, das ohne Gottes Wort geschieht, vor Gott unheilig, mag es scheinen und glänzen wie es will, auch wenn man's mit lauter Heiligtümern behinge; so zum Beispiel die selbsterdachten geistlichen Stände, die Gottes Wort nicht kennen und in ihren eigenen Werken Heiligkeit suchen.

Darum merke: die Kraft und Macht dieses Gebotes besteht nicht im Feiern, sondern im Heiligen; es soll also dieser Tag in besonderer Weise ein Tag heiliger Übung sein. Denn andere Arbeiten und Geschäfte heißen ja eigentlich nicht heilige Übungen, wenn nicht zuvor der Mensch heilig ist. Hier aber muß ein solches Werk geschehen, durch das ein Mensch selber heilig wird; und das geschieht, wie (bereits) gehört allein durch Gottes Wort. Dazu sind denn die Stätten, Zeiten, Personen und der ganze äußerliche Gottesdienst gestiftet und angeordnet, damit dieses (Heiligen) auch öffentlich im Schwange sei.

So ist also so viel an Gottes Wort gelegen, daß ohne dasselbe kein Feiertag geheiligt wird. Deshalb sollen wir wissen, daß Gott dieses Gebot streng gehalten haben will. Er will alle strafen, sie sein Wort verachten und es nicht hören und lernen wollen, besonders wenn das während der Zeit geschieht, die dazu bestimmt ist. Darum sündigen wider dieses Gebot nicht allein die, die den Feiertag gröblich mißbrauchen und entheiligen, wie zum Beispiel die um ihres Geizes oder ihrer Leichfertigkeit willen Gottes Wort zu hören unterlassen oder in Wirtshäusern liegen und toll und voll sind wie die Säue. (Es sündigen) auch die andern, die Gottes Wort hören und wie irgendeinen andern Tand; sie kommen nur aus Gewohnheit zur Predigt und gehen wieder weg und, wenn das Jahr herum ist, so können sie heuer soviel als vor einem Jahr. Bisher hat man ja gemeint, es sei richtig gefeiert, wenn man am Sonntag eine Messe oder das Evangelium habe lesen hören; aber nach Gottes Wort hat niemand gefragt, wie es auch niemand gelehrt hat. Jetzt aber haben wir Gottes Wort; gleichwohl schaffen wir jenen Mißbrauch nicht ab, lassen uns immerfort predigen und ermahnen, hören es aber ohne Ernst und Sorgfalt. Darum wisse, daß es sich nicht bloß ums Hören handelt, sondern daß es auch gelernt und behalten werden soll; und denke nicht, daß das in deiner Willkür stehe oder daß nicht viel daran liegt, sondern daß es das Gebot Gottes ist, der Rechenschaft darüber verlangen wird, wie du sein Wort gehört, gelernt und geehrt hast.

Desgleichen sind auch die sich ekelnden Geister zu tadeln. Wenn sie eine Predigt oder zwei gehört haben, sind sie dessen satt und überdrüssig, wie wenn sie es nun selber gut könnten und keines Meisters mehr bedürften. Das ist nämlich eben jene Sünde, die man bisher zu den Todsünden gezählt hat; und zwar heißt sie acedia, das heißt Trägheit oder Überdruß. Eine böse, gefährliche Plage; der Teufel bezaubert und betrügt damit die Herzen vieler, um uns zu übereilen und uns das Wort Gottes wieder heimlich zu entziehen.

Denn das lasse dir gesagt sein: auch wenn du es bestens könntest und aller Dinge Meister wärest, so bist du doch täglich unter des Teufels Reich; und der hört weder Tag noch Nacht auf, dich zu beschleichen, um in deinem Herzen Unglauben und böse Gedanken gegen die bisher besprochenen und alle [anderen] Gebote zu entzünden. Darum mußt du fortwährend Gottes Wort im Herzen, im Mund und vor den Ohren haben. Wenn aber das Herz müßig steht und das Wort nicht erklingt, so bricht der Teufel ein und hat den Schaden angerichtet, ehe man's gewahr wird. Umgekehrt, wenn man (Gottes Wort) mit Ernst betrachtet, hört und damit umgeht, so hat es die Kraft, daß es nie ohne Frucht abgeht, sondern allezeit neues Verständnis, Lust und Andacht erweckt und ein reines Herz und Gedanken schafft. Denn es sind nicht faule oder tote, sondern geschäftige, lebendige Worte. Und wenn uns schon kein anderer Nutzen und Not dazu triebe, so sollte doch das jedermann dazu anreizen, daß dadurch der Teufel weggescheucht und verjagt und obendrein dieses Gebot erfüllt wird; und das ist Gott wohlgefälliger als alle andern glänzenden Heuchelwerke.


nach oben