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Über die Wendung zum Altar

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Von D. Dr. Wilhelm Stählin, von 1945 bis 1952 Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg


Es ist alte und wohlbegründete Ordnung der lutherischen Kirche, daß im Altardienst alle Gebete in der Wendung zum Altar gesprochen werden.

Diese liturgische Form ist in unserer Kirche weithin durchbrochen durch die gefährliche Unsitte, auch die Gebete in der Wendung zur Gemeinde zu sprechen. Ich nenne diese Unsitte gefährlich, weil sie nur allzu leicht dazu verführt, auch im Gebet in Wirklichkeit die Gemeinde anzureden und darüber den echten, Gott zugewendeten Dienst, zu versäumen. Weder die Gemeinde noch die Amtsbrüder sind sich überall klar über den Sinn dieser Wendung zum Altar. Niemand meint, daß Gott, der Himmel und Erde erfüllt, wie ein Gegenstand an einen räumlichen Ort gebunden sei. Wohl aber meinen wir mit der ganzen Kirche, daß der Altar das Sinnbild der Gegenwart Gottes in seiner Gemeinde, das Kreuz auf dem Altar das Zeichen seiner vollkommenen Offenbarung ist, und daß es darum wohl seinen tiefen Sinn hat, sich von aller Welt abzuwenden und sich am Altar ganz dem heiligen Kreuz zuzuwenden. Auch soll die Gemeinde in diesem sichtbaren Bilde spüren, daß ihr Pfarrer, wenn er das Gebet der Kirche spricht, nicht sie anredet, sondern mit ihr, in einer Richtung schauend, betend und hoffend, sich Gott zuwendet. Wenn dieser Sinn der Wendung zum Altar in einer Predigt, in einem Gemeindeabend oder im Unterricht vor Kindern deutlich gesagt wird, so wird auch die dessen ungewohnte Gemeinde sich nicht nur leicht dreinfinden, sondern sehr bald das Recht dieser Gebärde erkennen.

Man begegnet bisweilen dem Einwand, in größeren Kirchen sei das Gebet akustisch schwer zu verstehen, wenn es in Richtung auf den Altar gesprochen wird; dieser Einwand ist nur dann berechtigt, wenn das Gebet in einer falschen, belehrenden oder pathetischen Form vorgetragen wird; wenn es ruhig, gleichmäßig, gehalten, wie es dem Gebet geziemt, gesprochen wird, wird es auch in der Wendung zum Altar leicht zu verstehen sein.

Die Wendung zum Altar erleichtert dem Liturgen die innere Sammlung. Sie mahnt ihn und hilft ihm, das Gebet nicht nur zu "verlesen", sondern wirklich zu beten. Auch ermöglicht diese Haltung dem Liturgen, während des Gebetes die Hände zu falten, statt wie bei einer Abkündigung ein Buch zu halten.

Um individualistische Willkür und unschöne Bewegungen zu meiden, empfiehlt sich folgende Regel: Die Wendung wird immer so vollzogen, daß die linke Seite, die Herzseite, sich nie ganz vom Altar abwendet; also die Wendung zur Gemeinde nach rechts, die Wendung zum Altar nach links. [cor ad altare = das Herz zum Altar hin]

In der Wendung zum Altar werden alle Gebete gesprochen, also der Introitus, die Kollekte (das Gebet vor der Schriftlesung), das Glaubensbekenntnis, das große Fürbittengebet nach der Predigt und das Gebet des Herrn. Im Stundengebet (Morgen- und Abendgebet verharrt der Liturg auch während des Psalmgebetes und während des biblischen Lobgesanges (das Kantikum [oder Canticum]) in der Wendung zum Altar.


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