Schafe
weiden oder Böcke belustigen?
Von
C.H.Spurgeon (Übersetzung:
P+A.Tschui; leicht gekürzt (…) und mit Anmerkungen [ ] versehen)
Ein
Übel hat sich unter die bekennenden Christen eingeschlichen, so krass und ungehörig,
dass die Allerkurzsichtigsten es kaum übersehen können. Während der letzten
paar Jahre hat es sich rasant ausgebreitet, wie Sauerteig, der wirkt, bis der
ganze Teig durchsäuert ist. Selten hat der Satan den Gemeinden etwas Schlaueres
eingeredet, als dass es ein Teil ihres Auftrages sei, den Menschen Unterhaltung
zu bieten, um sie gewinnen zu können. Das Zeugnis der Kirche hat sich immer
mehr verflacht. Die Puritaner sprachen noch geradeheraus. Dann wurde man gleichgültig
und nahm weltliche Einflüsse nicht mehr so tragisch. Bald wurden sie am Rande
der Gemeinden toleriert. Heute werden sie offiziell eingesetzt mit dem Argument,
dass man so die grossen Massen erreichen könne.
Dem
entgegne ich als erstes: Nirgends in der Schrift wird ersichtlich, dass es zu
den Aufgaben der christlichen Gemeinde gehöre, den Menschen Unterhaltung
anzubieten. Wenn dies zu den geistlichen Werken gehören würde, hätte nicht
Christus es erwähnt? Er sagte: “Gehet hin in die ganze Welt und predigt das
Evangelium der ganzen Schöpfung” [Mk.16,15]. Das ist deutlich genug. Ebenso
deutlich wäre es gewesen, hätte Er hinzugefügt: “…und bietet denen, die
das Evangelium nicht mit grossem Interesse annehmen, Unterhaltung an.” Wir
finden aber keine solchen Worte. Es scheint, dass Er nicht an so etwas dachte.
Nehmen
wir eine andere Stelle: “Er hat die einen gegeben als Apostel und andere als
Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer … für
das Werk des Dienstes” [Eph.4,11f]. Wo ordnen wir da die Spassmacher ein? Der
Heilige Geist erwähnt sie nicht. Wurden die Propheten verfolgt, weil sie die
Zuhörer zum Lachen brachten oder weil sie sich weigerten, dies zu tun? (…)
Zweitens:
Das Anbieten von Unterhaltung steht in direktem Gegensatz zur Lehre und zum
Leben Christi und all seiner Apostel. Was war die Stellung der Gemeinde gegenüber
der Welt? “Ihr seid das Salz…” [Mt 5,13], nicht der Zuckerlutscher! Salz
wird abgewiesen, nicht [mit Vergnügen] geschluckt. Kurz und hart war die
Aussage: “Lass die Toten ihre Toten begraben” [Mt.8,22]. Jesus meinte dies
in heiligem Ernst!
Hätte
Christus mehr heitere und angenehme Elemente in seine Predigten eingebaut, hätte
er [bei der Begebenheit von Joh.6,60-69] nicht an Popularität eingebüsst
(…). Ich lese nichts davon, dass er sagte: “Lauf ihnen nach, Petrus, und
sage ihnen, dass wir ab morgen eine neue Art Gottesdienst halten werden,
attraktiv, mit kurzer Predigt. Wir werden dem Volk einen angenehmen Abend
bereiten. Sag ihnen, dass sie sich sicher wohlfühlen werden. Schnell, Petrus,
wir müssen die Menschen irgendwie herzubringen!”
Jesus
hatte Erbarmen mit den Sündern, er seufzte und weinte über sie, aber er
versuchte nie, sie zu unterhalten. Vergeblich sucht man in den
neutestamentlichen Briefen nach dem Evangelium der Unterhaltung. Die Botschaft
lautet: “Kommt heraus [aus der Welt], bleibt draussen und haltet euch rein von
ihr!” (…) Die ersten Christen hatten ein unendliches Vertrauen in das
Evangelium und brauchten keine anderen Waffen. Nachdem Petrus und Johannes wegen
ihren öffentlichen Predigten festgenommen worden waren, versammelte sich die
Gemeinde zum Gebet [Apg 4]. Aber ihre Bitte lautete nicht: “Herr, gib deinen
Dienern, dass wir durch harmlose und weise durchdachte Unterhaltung diesen
Menschen zeigen können, welch fröhliches Volk wir Christen sind.”
Sie
liessen sich nicht davon abhalten, Christus zu verkünden; sie hatten keine
Zeit, Unterhaltung zu organisieren. Zerstreut durch die Verfolgung gingen sie überall
hin und predigten das Evangelium.
Sie
stellten die Welt auf den Kopf. Das ist der Unterschied zu uns Christen heute.
“Oh,
Herr, säubere die Gemeinde von all der Fäulnis und dem Unsinn, mit dem der
Teufel sie beladen hat und bringe uns zu den Methoden der Apostel zurück!”
Zuletzt:
Die “christliche Unterhaltung” verfehlt ihren Zweck. Sie richtet unter
Jungbekehrten verheerenden Schaden an. Lasst die Sorglosen und Spötter, die
Gott danken, dass die Kirche ihnen auf dem halben Weg entgegengekommen ist,
aufstehen und Zeugnis geben. Lasst die Schwerbeladenen zu Wort kommen, die durch
das “christliche” Konzert Frieden fanden. Lasst die Alkoholiker aufstehen,
bei denen das “christliche” Theaterstück den entscheidenden Ausschlag zu
ihrer Bekehrung gab. Niemand wird sich erheben! Die Evangelisation durch
Unterhaltung führt niemanden zur Bekehrung.
Was
wir heute brauchen, ist gläubiges Studium [des Wortes Gottes] zusammen mit
einem ernsthaften geistlichen Leben, wobei das eine aus dem anderen wächst wie
die Frucht aus der Wurzel. Wir brauchen biblische Unterweisung, die unseren
Verstand und unsere Herzen so berührt, dass wir entbrennen.
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